Col de Peyresourde. 660 Abstriche sind in den vergangenen Tagen beim Tross der Tour de France genommen worden. Bei einem positiven Corona-Test droht der Ausschluss.
Die härteste Tour-de-France-Etappe findet in diesem Jahr nicht in den Bergen statt, sondern am Meer. Im Département Charente-Maritime, in der Nähe des Startorts der heutigen zehnten Etappe, hatten sich am Ruhetag die Teams eingemietet. Und hier warteten sie auf die Covid-19-Tester der Tour. Zwölf Tage waren seit dem letzten Test vergangen, drei Tage vor dem Start der Tour. Die bange Frage lautete jetzt: Hat die Hygiene-Blase gehalten? Hat sich kein Fahrer und auch kein Betreuer infiziert?
Im Falle eines positiven Tests droht der Person der Ausschluss. Bei zwei positiven Tests muss das gesamte Team gehen. Diese Rahmenbedingung hat die französische Regierung gesetzt. „Die Test-Ergebnisse könnten massiv das Rennen beeinflussen. Es gibt dabei so viele offene Fragen. Es ist einfach hochkomplex“, stöhnte Jonathan Vaughters, Teamchef von Education First.
Negative Tests im Betreuerstab von Bora-hansgrohe
Die Testprozedur war ziemlich in die Länge gezogen. Die ersten Fahrer und Betreuer wurden am Sonntag bereits vor Beginn der neunten Etappe getestet. Der größte Teil der Angehörigen der etwa 660 Personen umfassenden Hygiene-Blase der Teams wurde aber nach der Etappe zum Abstrich gebeten. Beim deutschen Radrennstall Bora-hansgrohe erbrachten die ersten Corona-Tests im Betreuerstab allesamt negative Ergebnisse.
„Bei uns war alles bis 9 Uhr vormittags am Montag erledigt“, teilte ein Sprecher von Jumbo Visma, dem Team des Gesamtführenden Primoz Roglic, dieser Zeitung mit. Bis Montagmittag war auch Team Ineos vom Titelverteidiger Egan Bernal durch, sagte dessen Team-Sprecher. Mitten im Gange waren da aber noch die Tests beim deutschen Team Sunweb.
Getestet wurde in den Hotels der Tour de France
Die Testzentren selbst befanden sich außerhalb der jeweiligen Teamhotels. Verantwortlich dafür ist Florence Pommery, die langjährige Rennärztin der Tour. „Wegen der Pandemie mussten wir ein komplettes neues Team aufbauen, das die Tests durchführt. Wir haben ein mobiles Labor, das täglich testen kann, und eine Ambulanz für den Fall, dass jemand schnell evakuiert werden muss“, sagte Pommery.
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Die Radprofis selbst nahmen die Tests gelassen. Klagen darüber, dass dadurch die Regeneration am Ruhetag beeinträchtigt sei, waren nicht zu vernehmen. „Wir sind hier so gut abgeschirmt, ich fühle mich hier sicherer als zu Hause“, meinte etwa Jumbo-Visma-Profi Tony Martin. „Wir nehmen nicht eine Minute am täglichen Leben teil. Ich gehe davon aus, dass sich zumindest bei den Fahrern niemand angesteckt hat“, sagte der Thüringer.
Ergebnisse bis Dienstag
Allerdings hält diese Abschirmung nach Etappen-Ende oft nicht an. Da ist es manchen Fahrern zu mühsam, nach der ersten Erfrischung im Ziel wieder die Maske überzustreifen. Ohne Maske rollen sie dann zum Teambus. Und der ist manchmal so weit weg vom Ziel geparkt, dass die Barrieren plötzlich löchrig werden und manch ein nicht autorisierter Mensch den Weg kreuzt. Und während der Etappen betrug der Abstand zwischen Zuschauern und Peloton zuweilen nicht mal eine Armlänge.
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Ob die Corona-Blase funktioniert hat, soll sich bis Dienstag früh herausstellen. Kurz vor dem Start der zehnten Etappe, die über 168 Kilometer von Ile d´Oleron nach Ile de Re führt, will Tour-Veranstalter ASO die Testergebnisse offiziell bekanntgeben. Hektik könnte es aber schon davor geben. Bei positiven Testergebnissen soll es Nachtests geben. Das hatten die Teams angesichts des Risikos falscher positiver Tests ausgehandelt. „Die Möglichkeit eines Nachtests gibt es aber nur, wenn ausreichend Zeit ist. Sollte ein Fahrer 40 Minuten vor dem Start einer Etappe einen positiven Test haben, reicht die Zeit nicht für einen Nachtest. Dann muss er sofort raus“, sagte ein ASO-Sprecher.
Das bedeutet: Bei ersten positiven Tests muss bis heute früh auch der Nachtest analysiert sein. Der erste Ruhetag dieser Tour mutiert zum Unruhetag.