Stuttgart. Nach zehn Monaten Pause muss Bundestrainer Joachim Löw die DFB-Elf auf die Länderspiele gegen Spanien und die Schweiz vorzubereiten.

Um 10.28 Uhr kommt der Chef an: Joachim Löw wird am Waldhotel in noblen Stuttgarter Vorort Degerloch vorgefahren. „Sehr gut, danke“, antwortet der 60 Jahre alte Bundestrainer auf die Frage, wie es ihm geht, und marschiert dann ins Mannschaftshotel. Er kann es „kaum erwarten, wieder mit den Spielern auf dem Platz zu stehen und zu arbeiten“, sagt er noch. Ausführlichere Gespräche mit den wartenden Journalisten gibt es dieses Mal nicht, das lässt das strenge Hygienekonzept nicht zu.

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Natürlich ist auch in Stuttgart alles weit entfernt von Normalität, als sich die Nationalmannschaft am Montagvormittag erstmals seit knapp zehn Monaten wieder versammelt, um sich auf die Nations-League-Spiele gegen Spanien in Stuttgart und gegen die Schweiz in Basel (beide 20.45 Uhr/ZDF) vorzubereiten – erstmals, seitdem die Corona-Pandemie den Fußball weltweit zum Erliegen brachte. Das Mannschaftshotel ist weitgehend abgeriegelt, an allen Zugängen stehen Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, durch die engen Straßen fährt eine Polizeistreife. Der Blick aufs Hotel ist durch große grüne Planen versperrt, und statt der sonst üblichen Menschenmassen ist nur ein gutes Dutzend Autogrammjäger gekommen. Ein Junge schafft es tatsächlich, ein Selfie mit dem Leverkusener Kai Havertz abzustauben, ansonsten gibt es keinen Kontakt zwischen Spielern und Fans.

DFB-Team bleibt im Hotel

Man wird „in einer Blase leben“, das hat DFB-Direktor Oliver Bierhoff schon vorher angekündigt und mit einem Schmunzeln ergänzt: „Das hat uns der eine oder andere ja schon mal vorgeworfen, aber in diesem Fall ist es unter dem medizinischen Aspekt zu sehen.“ Bis auf Training und Spiel bleibt die Mannschaft im Hotel und darf auch keinen Besuch empfangen.

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Bierhoff ist schon am Sonntag nach Stuttgart gereist, um das Hotel und die Sicherheitsvorkehrungen unter die Lupe zu nehmen. Am Montag folgen Spieler und Betreuer. Sie alle tragen Mund-Nasen-Schutz, im Hotel wird als erstes ein Abstrich genommen und noch am Montag ein Corona-Test durchgeführt. Erst wenn der negativ ist, darf der Spieler am Training teilnehmen.

DFB-Arzt Meyer: Das macht es einfacher

„Die meisten Spieler sind ja bei ihren Vereinen in festen Testschemata, das macht es einfacher“, erklärt Mannschaftsarzt Tim Meyer. „Da können wir den letzten Test auswerten und hier den nächsten nehmen.“ Bei den übrigen Spielern und den Betreuern hat der DFB schon vor der Anreise einen ersten Test veranlasst, damit für alle zwei negative Ergebnisse vorliegen, bevor es losgeht. Am Mittwoch und am Samstag, also am Tag vor den Spielen, folgen die nächsten Tests. Und die ganze Zeit gilt: Abstand halten, Maske tragen.

Man ist beim DFB, so macht es den Eindruck, noch vorsichtiger als in den Klubs – und das hat auch seine Gründe. Die Klubs nämlich bezahlen die Spieler und agieren auf eigenes Risiko. Was allerdings los wäre, wenn Profis vom BVB oder Bayern München mit einer Corona-Infektion von der Nationalmannschaft zurückkehren und wochenlang fehlen – das mag man sich beim Verband lieber nicht ausmalen und meidet jedes Risiko.

Zu den gesundheitlichen kommt auch die eine oder andere sportliche Herausforderung: Eigentlich sollte die Nationalmannschaft in den kommenden Tagen im Gazi-Stadion trainieren, wo der Oberligist Stuttgarter Kickers seine sportliche Heimat hat. Doch der Rasen entpuppte sich als derart schlecht, dass der DFB ausweicht: zunächst auf das Trainingsgelände der Kickers und dann auf das Areal des VfB Stuttgart.

Dem Normalniveau nähern

Dort arbeitet der Trainerstab in den kommenden Tagen mit Spielern, „die aus ganz unterschiedlichen Belastungszuständen kommen“, erklärt Co-Trainer Marcus Sorg: „Eine Gruppe kommt aus dem Urlaub, eine andere aus dem Trainingsbetrieb, eine dritte hatte gestern noch ein Spiel“, sagt er.

Am Montag wurde deswegen noch in Gruppen trainiert, um der unterschiedlichen Belastung gerecht zu werden, am Dienstag und Mittwoch aber „wird natürlich normal trainiert“, sagt Sorg. Es gilt, die Mannschaft auf ein vernünftiges Niveau für die Spiele gegen Spanien und die Schweiz zu bekommen. „Bisher haben wir das ja immer einigermaßen hinbekommen“, sagt Sorg.

Es einigermaßen hinbekommen – mehr kann in diesen Corona-Zeiten wohl auch nicht erwartet werden.