Essen. Der Engländer Phil Taylor hat den Darts-Sport professionell gemacht. Der 16-malige Weltmeister hat trainiert wie er einst arbeitete.

Der Begriff Ruhestand ist im Leben von Phil Taylor wenig zutreffend. Er kam vor seinem Rückzug aus dem Darts-Profigeschäft nicht zur Ruhe, und er kommt es heute nicht. Zehn Show-Matches sind noch bis Jahresende geplant. Selbst in Zeiten von Corona geht es für Phil Taylor immer weiter. Am Donnerstag feiert der 16-malige Weltmeister aus England seinen 60. Geburtstag.

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Phil Taylor steht wie kein anderer in der Sportwelt für eine Disziplin. „The Power“ hat seine Sportart nicht nur dominiert, er hat sie zu dem gemacht, was sie heute ist. Taylor war einer der ersten, der den Sport professionell betrieben hat. Er wollte gewinnen, wenn möglichst immer. Deshalb studierte er Videos von seinen Gegnern vor den Matches, trainierte eigenen Angaben zufolge acht Stunden täglich, begann schon morgens mit dem Pfeilewerfen. Sein Ehrgeiz, seine Leidenschaft brachten ihm in drei Jahrzehnten über 200 Titel ein.

Fast noch einen WM-Titel zum Abschied

Bei der WM 2018 nahm Phil Taylor zum letzten Mal im Londoner Alexandra Palace den Kampf mit der Nach-Taylor-Generation auf. Die Spitze ist längst breiter geworden, einen Dominator wie Taylor würde es nicht mehr geben, sind sich Experten einig. Doch 2018 stand er noch einmal ganz allein im Mittelpunkt: Wann immer er an der Scheibe stand, tobten die Fans. Sie wussten: es könnte die letzte Partie sein. Es könnte der Moment sein, an dem der größte Dartsspieler der Welt die vielleicht kleinste Sportbühne der Welt verlässt. Taylor, das Schlitzohr, lächelte den Druck weg, tanzte fröhlich, genoss das Bad in der Menge, und schaffte es mit dieser Leichtigkeit bis ins Finale. Den Titel aber holte Rob Cross, ein einstiger Elektriker und aufsteigender Stern am Darts-Himmel.

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Für den anekdotenreichen Sport war das die Gelegenheit, in Cross den nächsten Phil Taylor heraufzubeschwören. Schließlich war auch der Meister einst ein einfacher Arbeiter, der es bis nach oben geschafft hat. Schließlich gewann auch er als Spieler der Zukunft 1990 gegen den etablierten Eric Bristow seinen ersten WM-Titel. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn Taylor hat nie aufgehört, ein Arbeiter zu sein.

Arbeiterleben in Stoke-on-Trent

Taylor wuchs in armen Verhältnissen in der Arbeiterstadt Stoke-on-Trent auf, wo er noch heute lebt. Der Familie fehlte es zeitweise an fließendem Wasser und an Strom. Taylor fing in Stoke-on-Trent in einer der heute leerstehenden Fabrikhallen an zu arbeiten. So lernte er früh, durchzuhalten und weiterzumachen, egal, wie es einem geht. Das Leben und die Arbeit formten Taylor.

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Als er mit dem Dartssport anfing, spielte er nicht nur, er übte seinen Beruf aus. „Das ist mein Job“, sagt er auch Jahrzehnte später noch in einer Doku von Sport1. Sieben bis acht Stunden will er täglich trainiert haben, auch weil sein Vater nie zufrieden gewesen sei. Er sei den Erfolgen gleichgültig gebelieben, sagt Phil Taylor „Das ist vorbei, vergiss den Titel“, habe sein Vater immer gesagt. „Du bist nur so gut, wie der nächste Titel.“ Stillstand bedeutete wie in den Fabrikhallen Abstieg.

Nicht alle wollen Taylors Trainingseifer glauben. „Ich weiß, dass Phil Taylor gern erzählt, dass er acht Stunden täglich am Board steht. Aber er lügt. Eineinhalb Stunden pro Tag reichen“, kritisierte etwa sein Thronfolger Michael van Gerwen in einem Interview.

In Konflikt mit dem Gesetz

Die strenge Scheuklappen-Mentalität, die Taylor brauchte, um Millionen von Dartspfeilen mit der immer gleichen Bewegung über drei Jahrzehnte auf höchstem Niveau zu werfen, hatte er abseits der Scheibe allerdings nicht immer. 1999 wurde er von zwei Frauen der sexuellen Belästigung beschuldigt und musste 2000 Pfund Geldstrafe zahlen.