Essen. Am Freitag geht es in der Champions League mit den Achtelfinals weiter. Lothar Matthäus sieht den FC Bayern als Titelanwärter.
Lothar Matthäus (59) hat die Pause zwischen Bundesliga-Abpfiff Ende Juni und Wiederbeginn der Champions League genutzt, um im Urlaub neue Kräfte zu sammeln. Auch für den Sky-Experten beginnt an diesem Freitag ein straffes Programm. Bis zum 23. August wird das Finalturnier in der europäischen Königsklasse ausgespielt: die Achtelfinal-Rückspiele, das Viertel- und Halbfinale alles binnen zwei Wochen. Sky überträgt unter anderem alle Spiele der deutschen Teilnehmer Bayern München und RB Leipzig live.
Heute startet die Königsklasse mit den Duellen Manchester City gegen Real Madrid (21 Uhr/Sky) und Juventus Turin gegen Olympique Lyon (21 Uhr/DAZN). Im Interview erklärt der Rekord-Nationalspieler, Weltmeister von 1990 und frühere Bayern-Kapitän, warum die Münchener, die am Samstag (21 Uhr/Sky) gegen den FC Chelsea in den Wettbewerb einsteigen, der große Favorit sind.
FC Bayern ist Favorit, aber RB Leipzig hat eine Außenseiter-Chance
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Herr Matthäus, wir erleben in dieser Saison eine Premiere: Ab dem Viertelfinale wird in der Champions League aufgrund der Corona-Pandemie jede Runde in nur einer Partie entschieden – statt in Hin- und Rückspiel, wie es bislang üblich war. Was bedeutet das für den sportlichen Wettbewerb?
Lothar Matthäus: Für Mannschaften wie RB Leipzig oder Atalanta Bergamo, die etwas schwächer einzuordnen sind, ist das sicher ein Vorteil. Wenn sie einen Sahne-Tag erwischen, können sie für eine Überraschung sorgen. Im Pokal haben wir schon immer gesehen, was in der Konstellation dann möglich ist. In einem Rückspiel könnten die stärkeren Teams dagegen eine schlechte Leistung aus der ersten Partie noch korrigieren. Nun ist jedes Spiel ein Endspiel.
Die Mannschaften gehen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen in dieses Finalturnier. Bayern und Leipzig hatten ihre letzten Bundesliga-Partien Ende Juni. In Italien, Spanien und England wurde teilweise noch vier Wochen später gespielt. Paris Saint-Germain pausiert seit Anfang März, weil die französische Liga die Saison vollständig abgebrochen hat. Wer profitiert am Ende davon?
Lothar Matthäus: Den Bayern hat diese Pause sicherlich gut getan. In den letzten zwei, drei Bundesliga-Spielen und auch im Pokalfinale gegen Bayer Leverkusen haben sie sich die eine oder andere Nachlässigkeit geleistet, sie waren vielleicht etwas müde. Trainer Hansi Flick hat auf die große Rotation verzichtet. Mitte Mai haben die Münchener schon bewiesen, dass sie nach der Pause kaum Zeit benötigt hatten, um in der Bundesliga wieder ihre Leistungen zu bringen. Und nun war die Pause viel kürzer, da kommt niemand aus dem Spielrhythmus.
Am Samstag steht zunächst das Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Chelsea an. Ist das eine erste Bestandsaufnahme?
Lothar Matthäus: Bei allem Respekt vor Chelsea: Nach dem 3:0-Sieg im Hinspiel wird da nichts mehr passieren. Würden die Bayern zum Beispiel mit einem 0:0 in dieses Duell gehen, wäre der Druck sicher schon höher. So hatte man auch durch die zwei Testspiele gegen Olympique Marseille und die eigene U19 genug Zeit, die Akkus aufzuladen, den Kopf freizubekommen und schnell wieder in Form zu kommen.
Eine Runde später ginge es gegen den Sieger der Partie FC Barcelona gegen SSC Neapel (Hinspiel 1:1, Anm. d. Red.). Im Halbfinale könnten Real Madrid, Manchester City oder Juventus Turin warten.
Lothar Matthäus: Das werden dann inklusive Finale drei sehr schwere Spiele. Wer diese Mannschaften nacheinander schlagen kann, wäre zu 100 Prozent der verdiente Champions-League-Sieger.
Auf wen sollte man denn sein Geld setzen?
Lothar Matthäus: Eine schwierige Frage. Barcelona hat zwar eine schlechte Saison gespielt, ist im Pokal früh gegen Bilbao ausgeschieden und hat die Meisterschaft verspielt – aber sie haben halt Lionel Messi und richten ihren Fokus nun voll auf die Champions League. Real Madrid wird wohl nach dem 1:2 im Hinspiel gegen Manchester City ausscheiden. Juventus ist zwar Meister geworden, aber hat in der Liga auch nicht so stark gespielt wie in den vergangenen Jahren. Bei Paris fehlt Kylian Mbappé leider verletzt.
Und Bayern München?
Lothar Matthäus: Die Bayern haben souverän das Double geholt, und in der Mannschaft herrscht eine tolle Stimmung. Wenn ich also tippen müsste: Die Bayern sind der Favorit. Egal, ob im Finale voraussichtlich PSG oder Atlético Madrid wartet.
Spätestens dann wäre Bayern-Angreifer Robert Lewandowski ein heißer Anwärter auf den Weltfußballer-Titel. Eine angemessene Wahl?
Lothar Matthäus: Absolut. Es gibt derzeit keinen Besseren auf der Welt. Nicht nur auf seiner Position, sondern generell. Lewandowski hat wettbewerbsübergreifend mehr als 50 Tore geschossen, seine Mannschaft zur Meisterschaft und zum Pokalsieg geführt. Wenn er auch noch weiter in der Champions League treffen würde, wäre er der verdiente Weltfußballer. Er hat sehr viel geleistet, ist zu einem richtigen Bayern-Spieler geworden. Vor ein oder zwei Jahren hatte man ja noch das Gefühl, er würde noch mal woanders eine Herausforderung suchen. Daran glaube ich nun nicht mehr.