Essen. Ein Mitglied von Mainz 05 kündigt und liefert eine rassistische Begründung. Der Klub macht das öffentlich. Ein Experte erklärt die Rechtslage.

"Nicht jede Kündigung eines Mitglieds bekümmert uns, manchmal sind wir sogar erleichtert."

So fängt die Mitteilung des FSV Mainz 05 an, die im Internet derzeit für Furore sorgt. Der Fußball-Bundesligist hat eine rassistisch motivierte Kündigung eines Mitglieds öffentlich gemacht und sich klar gegen jede Form von Ausgrenzung positioniert: "Für uns spielen Hautfarben oder andere gruppenbezogene Merkmale von Menschen schlicht keine Rolle."

Die Begründung, die das Mitglied für seine Kündigung lieferte: Er habe wegen der ausländischen Spieler des Vereins den Eindruck, dass er "beim Africa-Cup" sei. Natürlich sei er "auf keinen Fall rassistisch veranlagt", beteuert er, ehe er seine rassistische Veranlagung offenlegt: "Aber wenn seit Wochen in der Startformation neun (!!!) dunkelhäutige Spieler auflaufen und deutschen Talenten kaum noch eine Chance gegeben wird, dann ist das nicht mehr mein über die Jahre liebgewonnener Verein."

Für den Bundesliga-Klub aus Mainz schlicht unzumutbar: "Rassismus beginnt da, wo rassistische Gedanken geäußert werden, nicht nur, wenn sich jemand selbst als Rassist bezeichnet – was in den seltensten Fällen vorkommt." Es sei perfide, dass das Mitglied die Hautfarbe der Spieler als Ursache für die Kündigung nenne – gerade vor dem Hintergrund der Proteste in den USA, wo der US-Amerikaner George Floyd bei einen Polizeieinsatz tödlich verletzt wurde.

Mainz hätte Mitglied auch ausschließen können

Die Reaktion von Mainz 05 wurde im Netz tausendfach geteilt und unterstützt. Aber was können Vereine machen, wenn Mitglieder rassistische Einstellungen vertreten? Wir haben den Bonner Rechtsanwalt Michael Röcken gefragt, der sich auf das Vereinsrecht spezialisiert hat.

Rechtsanwalt Michael Röcken aus Bonn
Rechtsanwalt Michael Röcken aus Bonn © Röcken | Unbekannt

Zunächst: Hätte das Mitglied nicht selbst gekündigt, hätte Mainz auch den Schlussstrich ziehen können. "Der FSV Mainz hätte auch einen Vereinsausschluss durchführen können. Er hat in seiner Satzung eine ganz klare Klausel, gegen die das Mitglied mit seinen belegbaren Äußerungen verstoßen hat. Darauf hätte sich der Verein stützen können", sagt Röcken. Auf diese verweist der Verein auch in der Mitteilung. "Mainz 05 ist ein weltoffener Verein, parteipolitisch und konfessionell neutral", heißt es darin unter anderem. Diese Klauseln seien besonders wichtig, sagt der 49-Jährige: "Diese erleichtert die Arbeit für die Vereine enorm, da sie sich im Verfahren darauf berufen können. Die Satzung steht über allem."

Verein braucht handfeste Beweise

Der Ablauf eines Vereinsausschlusses ist für alle Vereine gleich. Röcken erklärt: "Zunächst muss ein Ausschlussverfahren eingeleitet werden. Danach ist es ganz wichtig, dass das Mitglied angehört wird und sich zu dem Vorwurf äußern darf. Sonst ist ein Vereinsausschluss unwirksam. Danach entscheidet das satzungsgemäße Organ – in den meisten Vereinen der Vorstand. Das Mitglied hat anschließend die Möglichkeit, gegen den Beschluss vorzugehen. Im Falle von Mainz wäre für die Berufung der Ehrenrat zuständig. Abschließend bleibt ihm der Gang vor das Amtsgericht."

Damit das Mitglied vor Gericht keinen Erfolg hat, bedarf es handfester Beweise, sagt Röcken. "Eine Vermutung reicht nicht aus. Auch muss ein Vereinsbezug gegeben sein. Ein Facebook-Bild von einem rechten Umzug beispielsweise wäre zu wenig, wenn das Mitglied nicht gerade ein Vereinstrikot trägt", sagt der 49-Jährige. 

2013: Bremen schließt NPD-Mitglied aus

Ein populärer Fall trug sich 2013 in Bremen zu. Der Fußball-Bundesligist SV Werder Bremen schloss ein NPD-Mitglied wegen seiner Gesinnung aus, der Mann klagte. Das Landgericht wies die Klage ab: Der Mann habe ausreichend Gehör gefunden, zudem sei es legitim, dass ein Verein nur Mitglieder aufnehme, die nicht in Widerspruch zu den Zielen des Vereins stünden.

„Der beste Schutz ist sicherlich, einen Bewerber mit rassistischen Gedanken gar nicht erst im Verein aufzunehmen", sagt Rechtsanwalt Michael Röcken. "Aber man kann dem Menschen nur vor den Kopf gucken. Einige wenige Vereine haben zwar eine Toleranzklausel in der Satzung, die einfordert, dass man sich mit den Werten identifiziert. Aber der Bewerber kann ja auch lügen.“