Doha. Die EM-Zweite übersteht den 100-Meter-Vorlauf von Doha. Doch eine Sache gefällt der Sprinterin gar nicht.
Gina Lückenkemper kann wieder fliegen. „Hinten raus“, wie sie sagt. Den Start in ihrem ersten Rennen bei der Leichtathletik-WM in Doha habe sie allerdings „ganz schön in den Sand gesetzt“. Trotzdem wurde sie in ihrem Vorlauf mit 11,29 Sekunden Dritte und qualifizierte sich ebenso wie die Paderbornerin Tatjana Pinto (11,19) für das Halbfinale über 100 Meter am Sonntag (ab 20.20 Uhr/ARD One).
Scherze in den Katakomben
„Da bin ich schon stolz drauf“, sagte sie. „Das muss man erstmal schaffen, nach so einem grauenhaften Start nochmal so ins Rennen zu finden.“ Dass der Sprint-Star aus Soest wieder fliegen kann, hat etwas mit dem Kopf zu tun. Der sei wieder frisch, nachdem er zuletzt etwas voll war. Bei ihrem letzten Start vor der WM war die 22-Jährige, deren Bestzeit bei 10,95 Sekunden steht, nur 11,45 gelaufen. Sie nahm sich Zeit für die Vorbereitung. Mit Erfolg. Hatte sie zuletzt oft verkrampft gewirkt, präsentierte sich Lückenkemper nun locker und gelöst, scherzte mit den Journalisten in den Katakomben des Khalifa-Stadions. Doch sie wollte auch noch etwas loswerden.
"Nicht so geil"
Der Start sei ihr so misslungen, weil sie Probleme mit dem Startblock hatte. Bei dieser WM ist erstmals eine Kamera daran befestigt. Diese stört Lückenkemper nicht nur bei einem Ausfallschritt, sondern auch sonst findet sie „die Kamera nicht so geil“. Diese liefert eine neue Perspektive: eine Großaufnahmen des Gesichts der Athletinnen und Athleten von unten unmittelbar vor dem Startschuss.
Lückenkemper kritisiert Kamera
Doch zunächst müssen die Sportler über die Kamera steigen, um in den Block zu kommen. Lückenkemper: „Waren an der Entwicklung dieser Blöcke Frauen beteiligt? Ich glaube nicht. In den knappen Sachen über eine Kamera in den Block zu gehen, finde ich sehr unangenehm. Ich weiß nicht, ob ihr gerne von unten gefilmt werdet, wenn ihr quasi nur Unterwäsche tragt.“
Klare Worte, klare Haltung – so kennt man Lückenkemper. Die Athletin des SSC Berlin, die Samstag noch mit der Staffel starten wird, ist für ihr junges Alter schon recht erfahren. Nach Peking 2015 und London 2017 ist Doha bereits ihre dritte WM. Und die Erwartungen sind hoch. „Seit den 10,95 Sekunden aus London werde ich nur noch an dieser Zeit gemessen“, sagte sie zuletzt.
Sehnsucht nach deutschem Sprint-Star
Mit der Silbermedaille im vergangenen Jahr bei der EM in Berlin wurde der Hype um ihre Person noch einmal befeuert. Die Sehnsucht nach einem deutschen Sprint-Star, sie ist groß. Das bekam Lückenkemper in dieser Saison zu spüren. Erst sollte möglichst schnell die WM-Norm her, dann möglichst auch noch unter elf Sekunden und jetzt wäre auch eine WM-Medaille nicht schlecht. Lückenkemper versuchte sich von den Erwartungen frei zu machen. „Ich kann gar nicht so richtig einschätzen, was drin ist“, sagt sie. „Ich denke aber, dass wir mich bestmöglich auf diese WM vorbereitet haben.“