Essen. Einige Magdeburger Fans werden bei der Anreise nach Bochum ausfällig. Die Polizei reagiert entschieden. Die Bahn muss Züge umleiten. Ein Kommentar
Es ist mal wieder passiert. Man muss tatsächlich festhalten: mal wieder. Fans und Polizisten sind iNb Bochum derart aneinandergeraten, dass die Situation eskalierte, auch Menschen betroffen waren, die nichts mit Fußball zu tun haben. Bei der Anreise Magdeburger Fans im Sonderzug geriet die Situation so außer Kontrolle, dass die Bahn die Polizei um Hilfe bat, die wiederum im Bochumer Hauptbahnhof einen Bahnsteig – und damit die Fans abriegelte.
Beide Seiten reagierten genervt. Die Polizei mit professioneller Zurückhaltung, weil es ihr nicht immer dankbarer Job ist, die Sicherheit im öffentlichen Raum zu gewährleisten. Die Fans, weil sie das Gefühl haben, zu Unrecht gegängelt worden zu sein.
Die Beurteilung solcher Auseinandersetzungen, wenn man das in Würdigung der Fans mal so nennen will, ist nie einfach. Wenn Polizisten und größere Menschenansammlungen aufeinandertreffen, heizt sich die Stimmung einer chemischen Reaktion gleich, allzuleicht ohne weiteres Zutun immer weiter auf.
Kein Streit über den Auslöser
Den auslösenden Fakt bestreiten die Fans nicht. Im Zug wurde Pyrotechnik gezündet, das Zugpersonal sah zu Recht eine Bedrohung. Die Interpretation, dass Unbeteiligte gefährdet würden, wenn im Bahnhof und dort insbesondere in der Unterführung zum Bahnhofsgebäude erneut Feuerkörper brennen, ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Dass die Polizei sogar eingreifen muss, wenn nur „Beteiligte“ betroffen sind, also die Beamten Menschen im Ernstfall auch vor sich selber schützen soll, ist nur ein Nebenaspekt.
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Alle Beteiligten müssen sich, hier steht Bochum nur stellvertretend für viele Vorfälle in Stadien und Städten, Fragen gefallen lassen. Die Fans, die sich über die Sozialen Medien konsequent und gekonnt als Opfer inszenieren, haben die Neigung, Straftaten in ihrer Szene kleinzureden. Wie steht das also mit dem Verständnis zum Rechtsstaat? Bieten auch friedliche Fans mit ihrem Auftreten als geschlossene Gruppe, Straftätern Deckung? Um kurz grundsätzlich zu werden: Extreme Fan-Gruppierungen argumentieren mit der Freiheit, die ihnen zustünde, wenn sie Fußballspiele besuchten: Wie steht es mit der Freiheit anderer, die wegen Sperrungen – oder aus blanker Angst – sich in ihrer Freiheit eingeschränkt sehen?
Angemessene Eskalation der Polizei?
Aber auch die Polizei muss Fragen beantworten. Ist es wirklich richtig, auch, wenn es juristisch gerechtfertigt scheint, hunderte Menschen wegen der Verfehlung einiger Weniger festzuhalten und zu durchsuchen? Ist es wirklich angemessen, wegen zweifelsfreier Vergehen der Fans, gleich mit der scheinbar größtmöglichen Eskalationsstufe zu reagieren?
Damit keine Zweifel aufkommen: Es führt kein Weg daran vorbei, dass die Polizei reagiert, wenn die Sicherheit im öffentlichen Raum gefährdet ist. Die Fans und ihre sichtbaren Vertreter müssten in sich bei solchen Vorkommnissen viel deutlicher von den Schwarzen Schafen und Straftätern distanzieren. Gleichzeitig sind nicht alle leidenschaftlichen Fußballanhänger Gewalttäter. Für die friedlichen, nicht straffälligen Fans möchte man hoffen, dass sie zuverlässig mit dem richtigen Augenmaß behandelt werden.