Die Ex-Nationalspielerin Celia Sasic erklärt, warum Fußball-Talkrunden dringend weiblicher werden sollten

eit dieser Saison verstärkt Celia Sasic die Expertenriege des Sportsenders Sport1 und analysiert im „Fantalk“ regelmäßig Männer-Spiele. Die 30-Jährige gilt als Pionierin auf diesem Gebiet. Am Mittwoch bespricht die ehemalige Nationalspielerin (111 Länderspiele/63 Tore) aus einem Münchener Hotel das Champions-League-Achtelfinale FC Bayern gegen FC Liverpool. Im Interview erklärt sie, wie es ist, sich gegen Peter Neururer oder Oliver Pocher durchzusetzen, und welche Vorzüge Frauen für diesen Job mitbringen.

Frau Sasic, wie kam es dazu, dass Sie feste Fußball-Expertin im Fernsehen wurden?

Celia Sasic: Mich hat der Chefredakteur Dirc Seemann angerufen und gefragt, ob ich mir das vorstellen könne, weil sie gerne eine Frau dabei hätten. Ich habe dann noch vor der WM als Gast den „Doppelpass“ besucht, und so sind wir zusammengekommen.

Man musste Sie nicht überreden?

Der Fußball war ein riesiger Teil meines Lebens, den ich aber bis dahin fast nur als Spielerin erlebt habe. Mir war es wichtig, die anderen Felder kennenzulernen. Das ist jetzt eine Möglichkeit, um von außen zu betrachten: Wie schauen die Medien drauf? Wie funktioniert alles? Insofern musste man mich gar nicht überreden, denn ich kann meine eigene Meinung vertreten und muss nicht irgendetwas sagen, was mir vorgegeben wird.

Es nehmen mit Mario Basler, Tim Wiese, Peter Neururer oder Oliver Pocher durchaus eigenwillige Persönlichkeiten teil. Ist das ein Problem für Sie, sich da zu behaupten?

Ich habe absolut kein Problem, mich durchzusetzen. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich fehl am Platze oder nicht erwünscht bin. Vielleicht ist meine Meinung nicht so polarisierend und provozierend wie die mancher Herren (lacht).

Beschreiben Sie bitte Ihre Rolle.

Ich bin sicher nicht diejenige, die emotional draufhaut. Ich sehe mich eher als die sachliche Person, die ihre Sicht einbringt. Ich kann sagen: ‚Denkt doch mal daran, als Spielerin fühlst du dich in einer Situation so und so.‘ Ich versuche, mehrere Seiten zu beleuchten. Damit verfeinere ich die Runde sicher auf meine Weise.

Ein Komödiant wie Oliver Pocher teilt auch gerne mal aus: Gab es eine Situation, in der Sie ein derber Spruch persönlich getroffen hat?

Bis jetzt ehrlich gesagt nicht. Aber ich hätte auch kein Problem mit blöden Sprüchen – das könnte ich gut wegstecken und parieren.

Das Besondere am Fantalk ist, dass die Experten teilweise mehrere Spiele verfolgen, die die Zuschauer nicht sehen. Über die Diskussion muss vermittelt werden, was anderswo passiert. War das anfangs schwierig für Sie?

Am Anfang schon, zumal die Sendung bis zu vier Stunden live läuft. Da muss man sich schon reinarbeiten: Wie verkauft man das nach außen, dass es für den Zuschauer interessant ist? Gerade wenn in der Gruppenphase der Champions League mehrere Spiele gleichzeitig laufen. Von allen Plätzen etwas mitzubekommen und der Diskussion zu folgen, dabei muss man sich konzentrieren: Ein Auge muss da, das andere dort sein.

Die Fähigkeit zum Multitasking soll doch eine Domäne der Frauen sein.

(lacht) Deswegen sitzen wir auch mit mehreren da, so dass der eine seinen Standpunkt erläutern kann, während die anderen die Szenen verfolgen…

Im Fußball sind Frauen oft noch unterrepräsentiert. Schiedsrichter, Funktionäre, Trainer – auch die meisten Expertenrunden sind häufig reine Männerrunden. Würden mehr Frauen im Fernsehen gut tun?

Grundsätzlich ja, weil damit neue Denkansätze und andere Perspektiven einfließen. Ich habe bei den Frauen auf höchstem Niveau ja auch viel erlebt, trotzdem ist eine Männer-Kabine im Profifußball sicher noch etwas anderes. Aber wir sollten daran denken, dass es ganz viele Frauen gibt, die Fußball schauen, die Fußball spielen und die Ahnung vom Fußball haben.

Es könnte sein, dass es gar nicht viele Fußballerinnen gibt, die Ihren Job möchten.

Ich finde es schade, dass nur wenige meiner Mitspielerinnen im Fußball weitermachen. Für mich war es ein Wunsch, weil Fußball mein Leben bestimmt hat und ich dafür die größte Leidenschaft aufbringe.

Ist für Sie vorstellbar, ähnlich wie Moderator Thomas Helmer ganz in die Medienbranche zu wechseln?

Dieses Bestreben habe ich nicht. Aber ich denke mir, dass die Teilnahme an einer Live-Diskussion mit Leuten, die stark ihre Meinungen vertreten, für alle Lebensbereiche helfen kann.

Im Sommer wird der Fußball-Höhepunkt die Frauen-WM in Frankreich sein. Werden Sie auch vor Ort sein?

Ich habe für die WM keine Funktion, werde sicher mal vor Ort sein, weil ich ja einen besonderen Bezug zu dem Land und der Sprache habe (ihre Mutter ist Französin, Anm. d. Red.). Ich möchte miterleben, wie sich unsere Mädels machen, wie die Franzosen die WM aufziehen.

Celia Sasic bei der Fußball-WM 2015 in Kanada
Celia Sasic bei der Fußball-WM 2015 in Kanada © dpa

Kommt dann vielleicht Wehmut auf, mit 27 Jahren nach der WM 2015 aufgehört zu haben?

Nein, ich habe ja ganz bewusst so entschieden und auch auf die Olympischen Spiele 2016 verzichtet. Ich habe seitdem viele tolle Dinge erlebt, die ich sonst nicht so erfahren hätte.