Duisburg. . Die Defensive ist aktuell das Prunkstück des Fußball-Zweitligisten MSV Duisburg. In der Offensive müssen die Meidericher aber noch zulegen.
Zugegeben, es ist ein bisschen fies. Aber es machte Freude, mal andere im Wörterbuch der Sprachlosen blättern zu lassen. Julian Börner, Innenverteidiger von Arminia Bielefeld, sprach nach dem 0:1 gegen den Fußball-Zweitligisten MSV Duisburg vom „Bock, den man jetzt umstoßen“ müsse. Er sagte auch, dass man sich viel vorgenommen habe vor dem Spiel gegen die Zebras. Dass man jetzt konzentriert weiterarbeiten müsse, fügte er hinzu und natürlich, dass es am Trainer nicht liegt, der die Mannschaft gut einstellt. All diese Phrasen hatten auch die Zebras über so viele Wochen gedroschen. Was soll man auch sagen, wenn das Ergebnis und die Bilanz von sechs Niederlagen in sieben Spielen Bände sprechen?
Schnellhardt mit Bodenhaftung
Bei den Zebras reden sie inzwischen ganz anders. Fabian Schnellhardt hat keine Mühe, die Bodenhaftung zu behalten: „Die Bielefelder lagen uns in den letzten Jahren. Die Kieler lagen uns nicht unbedingt“, meinte der Chefstratege im MSV-Spiel bereits auf den kommenden Sonntag und den Heimauftritt gegen die Störche von der Förde schauend. Ahmet Engin blickte noch weiter: „Wir haben uns stabilisiert und wollen weiter kontinuierlich punkten.“
Trainer Torsten Lieberknecht konnte derweil entspannt anmerken, dass man auch Glück gehabt habe. Wie beim Pfostenschuss von Keanu Staude in der Anfangsphase. Kevin Wolze hatte fahrlässig den Gegner mit einem Fehlpass in Position gebracht. Lieberknecht sprach solche „falschen Entscheidungen“ als „unverständlich“ an.
360 Minuten ohne Gegentor
Großes Lob gab es dagegen für die Männer in der Abwehrzentrale. „Die Art und Weise, wie wir um den 16er herum und im Strafraum verteidigen, das ist schon bärenstark.“ Dustin Bomheuer und Gerrit Nauber nannte der Coach namentlich. Wenn man die Handschrift des Trainers lesen will, dann schaut man auf das Schild an Daniel Mesenhölers Tor. Aufschrift: „Bälle deponieren verboten.“ Nimmt man das ebenfalls auf der Alm gewonnene Pokalspiel hinzu, dann summieren sich die Minuten ohne Gegentor auf 360. Respekt! Nauber hat nachgerechnet: „In den ersten acht Spielen haben wir durchschnittlich zwei Gegentore bekommen. Jetzt sind es 0,5.“
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Das ist kein Zufall: Seit seinem Amtsantritt betonte der Coach immer die Bedeutung der Abwehrarbeit. Lieberknecht bemühte einmal sogar die Floskel: „Offensive gewinnt ein Spiel. Defensive die Meisterschaft.“ Er will sein System flexibel halten, damit der Beton vor dem Tor nicht bröckelt. Lerneffekte lassen sich nicht allein an den Zu-Null-Spielen sehen. Es lohnte in Bielefeld auch der Blick auf das Verhalten nach der späten Führung. Da hielten die Zebras den Gegner hübsch weit weg vom Tor, nutzten Fouls für Wiederaufführungen des „sterbenden Schwans“ oder zur Besichtigung der Eckfahnen des Gegners. Schön schaut sich das nicht an. War es auch nicht beim 1:1-Kick in Ingolstadt oder dem 0:0 in Sandhausen.
Lieberknecht ist aber nicht als Regisseur von DFB-Lehrvideos über die Freude am Fußball engagiert. Es geht schlicht um den Klassenerhalt. Da ist der Weg noch weit genug. Elf Punkte hat der neue Mann geholt. In der Bilanz sind es aber weiterhin erst 13 und damit weniger als ein Zähler pro Spiel. Nimmt man die Marke von 40 Punkten als Richtwert, dann liegt der MSV trotz des Aufschwungs hinter dem Marschplan zurück.
Noch vier Spiele
Die Aufgaben auf der Zielgeraden der Halbserie gegen Kiel, Heidenheim und den HSV sind zudem keineswegs von Pappe. Der Start der neuen Runde mit dem Heimauftritt gegen Dynamo Dresden am 23. Dezember ist zudem als „Muss man tunlichst einfahren“-Spiel klassifiziert. Der MSV hat in Bielefeld viel gewonnen. „Erreicht haben wir aber noch nichts“, meint auch Nauber. Immerhin, die Mannschaft steht erstmal seit der Saisonpremiere nicht auf einem Abstiegs- oder Relegationsrang.
Es stehen zudem weitere Lektionen auf dem Lehrplan: Das Offensivspiel sollte mehr Struktur bekommen, damit man nicht auf „Geistesblitze“ (Torsten Lieberknecht) wie den von Fabian Schnellhardt auf der Alm und das 1:0 von Cauly Souza gegen Paderborn oder Eigentore wie gegen Köln und Ingolstadt angewiesen ist. Am Freitag im herbstkalten Bielefeld bot der Gegner in der zweiten Halbzeit genug Raum für Konter an. Der MSV erspielte sich gleichwohl lediglich zwei Highlight-Momente: den Schuss von Tashchy aus der Distanz und Engins Streicheleinheit für den Ball zum 1:0. Fabian Schnellhardt: „Das Spiel haben wir gewonnen, weil wir eine Aktion hatten und Ahmet den dann reinmacht. Ansonsten war ja kaum was.“
Fast möchte man sagen: Wenn das Zebra nun auch noch das schnelle Umschalten beherrscht, dann wird’s für jeden Gegner so richtig ungemütlich. Was man bereits jetzt festhalten kann und das ist für den Augenblick mehr als genug: „Der MSV ist wieder da!“