Frankfurt/Main. In der WM-Affäre werden die ehemaligen DFB-Funktionäre Niersbach, Zwanziger und Schmidt vom Frankfurter Landgericht entlastet.

Während der deutsche Fußball seit der WM in Russland sportlich in einer gewaltigen Krise feststeckt, verbucht die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) außerhalb des Rasens den zweiten großen Sieg binnen weniger Wochen. Auf den Zuschlag für die Europameisterschaft 2024 folgte nun die unerwartete Wende im Sommermärchen-Skandal rund um die WM 2006. Das Landgericht Frankfurt urteilte nämlich so, dass der Skandal juristisch gar keiner sei. Zumindest keiner, der den Tatverdacht auf eine Steuerhinterziehung seitens der früheren DFB-Funktionäre Wolfgang Niersbach, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt stützt. Jene ominösen 6,7 Millionen Euro in der Steuererklärung des WM-Jahres seien nämlich doch eine Betriebsausgabe. Auch wenn der Grund dafür, eine nicht stattgefundene WM-Gala, fehlerhaft sei. Die Auffassung des Landgerichts hatten auch stets die Angeklagten und der DFB vertreten.

Gericht weist Verfahren gegen DFB-Funktionäre ab

Deshalb wurde das durch die Staatsanwaltschaft beantragte Hauptverfahren gegen die drei Mitglieder des WM-Organisationskomitees von 2006 sowie den ebenfalls involvierten ehemaligen Fifa-Generalsekretär Urs Linsi vom Landgericht abgewiesen.

Eine Woche hat die Staatsanwaltschaft nun Zeit, sich an die nächste Instanz zu wenden und das Oberlandesgericht um eine neuerliche Prüfung des Steuerfalls zu bitten. Das Urteil ließ nicht nur die im Fokus stehenden DFB-Funktionäre aufatmen.

„Jetzt bin ich einfach nur sehr erleichtert“, erklärte beispielsweise Wolfgang Niersbach. Ihn hatte die WM-Affäre vor drei Jahren den Posten als DFB-Präsident gekostet. Theo Zwanziger, bis 2012 Niersbachs Vorgänger im Amt, blieb sachlich: „Die Entscheidung ist gut und sachgerecht.“

Finanzamt verhängte Strafe

Letzteres gilt vor allem für die Kasse des DFB. Das Finanzamt Frankfurt hatte bereits vor einem Jahr entschieden, eine Strafzahlung in Höhe von 19,2 Millionen Euro gegen den DFB zu verhängen. Die Steuernachzahlungen aus der WM 2006 beliefen sich dann auf 22,57 Millionen Euro. Der DFB zahlte, offenbar zu Unrecht, und schloss das Jahr 2017 deshalb mit einem Verlust von 20,3 Millionen Euro ab. Rechtsmittel gegen die Steuerbescheide wurden eingelegt. Bleibt es beim Schlussstrich durch das Landgericht, dürfte der DFB die gezahlte Millionensumme wiederbekommen.

Der Fall birgt dennoch einen faden Beigeschmack, hält man sich die Vorgänge der vergangenen drei Jahre vor Augen. In der Klage der Staatsanwaltschaft ging es darum, dass die früheren DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach (67) und Theo Zwanziger (73) sowie der ehemalige Generalsekretär Horst R. Schmidt (76) eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro in der Steuererklärung des DFB für das WM-Jahr 2006 vermeintlich zu Unrecht als Betriebsausgabe deklariert hatten.

Zahlung nach Katar

Jene 6,7 Millionen Euro waren nicht nur als Kostenbeitrag zu einer WM-Gala verbucht, die nie stattgefunden hat. Es handelte sich dabei auch um die exakt gleiche Summe, die mutmaßlich als Rückzahlung eines Darlehens an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus diente.

Louis-Dreyfus war 2002 gemeinsam mit Franz Beckenbauer, damals verantwortlicher Chef des WM-Organisationskomitees, finanziell in Vorleistung getreten, um eben jene 6,7 Millionen Euro an den ehemaligen Fifa-Skandalfunktionär Mohamed bin Hammam auf ein Konto in Katar fließen zu lassen. Warum? Das bleibt nun die große unbeantwortete Frage.

Die Staatsanwaltschaft kam zum Schluss, dass die 6,7 Millionen Euro nicht für die WM verwendet worden waren und deshalb keine steuermindernden Betriebskosten seien. Dem widersprach das Landgericht. Die Zahlung hätte mit dem Geschäftsbetrieb des Organisationskomitees zu tun gehabt und sei deshalb absetzungsfähig. (mit sid)