Wien. Wegen eines alten Unfalls hat die Formel-1-Legende eine neue Lunge bekommen. Der Österreicher muss wochenlang in der Klinik bleiben.
Geschichten, die mit Niki Lauda zu tun haben, beginnen und enden häufig im Extrem. Das hat mit seinem Charakter, seinen Berufen, seinem Schicksal zu tun. Deshalb sind es zumeist Geschichten auf Leben und Tod. Auch nach seiner aktiven Zeit, wie die Meldungen aus dem Allgemeinen Krankenhaus in Wien zeigen. Dort liegt der 69 Jahre alte Österreicher, Formel-1-Weltmeister von 1975, 1977 und 1984 und Airline-Manager, nach einer Lungentransplantation auf der Intensivstation. Am Freitag sollte er aus dem nach so einer anstrengenden Operation üblichen künstlichen Koma geholt werden.
Schon immer eine Kämpfernatur
Seit ein paar Wochen, so hieß es im Fahrerlager der Formel 1, plage sich „der Niki“, der Aufsichtsratsvorsitzende und Teilhaber des Mercedes-Werksteams ist, mit einer hartnäckigen Sommergrippe herum. Das glaubt man einmal in Ungarn, aber man mag es nach dem zweiten Rennwochenende in Belgien, an dem er fehlt, kaum noch glauben. Es war klar, dass da was Ernsteres sein müsste.
In der Tat: Die Spätfolgen seines fatalen Feuerunfalls 1976 auf dem Nürburgring haben Lauda doch wieder eingeholt. Seine Lunge war bei dem spektakulären Crash teilweise verätzt worden, außerdem musste er sich bereits zweimal einer Nierentransplantation unterziehen. Ein Organ spendete ihm 1997 sein Bruder Florian, ein weiteres 2005 seine Ehefrau Birgit.
Lauda ist seit jeher eine Kämpfernatur. 1976 ist er 42 Tage nach dem Koma und den schweren Verbrennungen, die für immer sichtbar geblieben sind, wieder Rennen gefahren. Er konnte nicht anders, er wollte nicht anders. Und wenn er die aktuelle Operation gut übersteht – wonach derzeit alles aussieht – und seine Konstitution mitspielen sollte, wird er alles dafür tun, auch in der zweiten Hälfte dieser Grand-Prix-Saison wieder an der Rennstrecke mitzumischen.
Die Nachrichten aus der Klinik stimmten am Freitag jedenfalls zuversichtlich: „Es ist momentan alles in einem sehr guten Verlauf, wir sind sehr zufrieden“, sagte Walter Klepetko, der Leiter der Klinischen Abteilung für Thoraxchirurgie am Allgemeinen Krankenhaus. Angeblich befindet sich Lauda schon seit einer Woche in der Klinik und soll noch selbst dorthin geflogen sein – es würde zumindest seiner Lebenseinstellung entsprechen.
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Dass er nach dem Eingriff noch unter Beobachtung künstlich beatmet wurde, ist keine Besonderheit. Wie im Fall von Lauda sollen die Patienten dann schnell von der Beatmung entwöhnt werden, um die neue Lunge selbst arbeiten zu lassen. Lebenslange Medikamenteneinnahme soll verhindern, dass das fremde Organ abgestoßen wird. Junge Operierte könnten das Krankenhaus meist schon nach wenigen Wochen verlassen, erklärte Klepetko, bei Älteren „dauert dies schon länger“. Auf einen Entlassungstermin ging er nicht ein.
Niki Lauda ist ein von sich selbst Getriebener. Ein Mann, der allen Zweifeln mit einer Eigentherapie begegnet: davonfahren oder davonfliegen. Kein Träumer, sondern ein Realo, der über die Risiken des Motorsports sagt: „Den Tod kannst Du aus der Formel 1 nie vertreiben.“ Das ist hart, aber ehrlich.
Trauma als Airline-Manager
Philosophie und Überlebensdrang transportiert Lauda von der Rennstrecke ins Geschäftsleben, mit dem gleichen Ehrgeiz und ähnlich schwankenden Erfolg. Auch etwas, was dieser Andreas Nikolaus zwingend braucht: etwas tun, was nur leidenschaftlich getan werden kann. Bei seiner Lauda Air war er nach dem Absturz eines Ferienjets in Thailand mit dem Tod konfrontiert worden. Als er 1991 auf der Trauerfeier für die 226 verstorbenen Passagiere sprach, war das einer der wenigen Momente, bei denen er sein Markenzeichen, die rote Kappe, abnahm und die verbrannte Kopfhaut zu Tage trat.
Heute bewahrheitet sich für ihn wieder jene schmerzliche Weisheit, mit der er den Herausforderungen an der Rennstrecke begegnet ist: „Man braucht jede Menge Glück.“