Marbella. Thomas Tuchel steht in der Kritik – auch weil er mit den BVB-Fans fremdeln soll. Das findet der BVB-Coach „krass unfair“.

Thomas Tuchel lacht. „Für Fast Food muss es bei mir dunkel sein, das kriege ich sonst nicht runter“, sagt der Trainer von Borussia Dortmund, der Leidenschaft für gesunde Ernährung bekannt ist. „Nach einem Champions-League-Sieg mit später Heimkehr um drei Uhr nachts, dann kann das mal sein. Da habe ich übrigens schon mal einen Spieler von mir getroffen.“ Sagt er und lacht erneut.

Die Episode aus einem WDR-Interview passt zum Eindruck, den Tuchel derzeit in Marbella hinterlässt, wo sich der BVB noch bis Freitag auf die zweite Saisonhälfte vorbereitet. Der Trainer lacht viel, die Übungen seiner Spieler im Estadio Municipal verfolgt er meist sehr entspannt – nur gelegentlich wird er mal laut in seiner Ansprache.

Tuchel und die Südtribüne

Mit der guten Laune ist es aber schnell vorbei, wenn Tuchel auf die Kritik angesprochen wird, er würde auch in seinem zweiten Jahr als Trainer noch fremdeln mit dem BVB. Es sei „krass unfair“, dass man ihm etwa vorwerfe, nach Siegen nicht mit den Fans auf der Südtribüne zu feiern, sagt der 43-Jährige. Er sei froh, dass die Fans dies nicht einforderten, wie unwohl er sich dabei fühle, vor der Tribüne seine Liebe zu ihnen zu bekunden. „Ich wüsste gar nicht, wie ich das machen soll, und wahrscheinlich würde es furchtbar werden“, sagte Tuchel.

Es wirkt, als sei der Trainer überrascht von der Wucht der Debatte um die nicht optimal verlaufene Hinrunde, die sich nun vor allem um die Person Thomas Tuchel dreht. „Vermutlich sind wir selbst schuld daran, weil es zu Saisonbeginn so schnell so gut lief“, sagt er. „Ganz viele und wahrscheinlich wir sogar haben dann das Thema Umbruch schon abgehakt, bevor es zu Ende war.“ Doch der Abgang dreier Stammspieler und die Integration vieler neuer wurde schwierig, als zwischenzeitlich bis zu elf Spieler fehlten.

Opfer der eigenen Ansprüche

Der BVB und sein Trainer wurden zum Opfer der eigenen Ansprüche. „Letzte Saison waren auch ziemliche Gurkenspiele dabei, die hat man immer“, so Tuchel. „Aber da sind wir dann mit einem 2:1 oder 2:0 herausgegangen.“ In der laufenden Saison gelang dies seltener. „Und plötzlich waren wir in der zweiten Hälfte weniger weit, als wir schon mal waren und deswegen wurde es unruhig.“

Das Verhältnis zu Sportdirektor Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim-Watzke habe darunter aber nicht gelitten, dieses sei nach wie vor „sehr konstruktiv, kollegial und freundschaftlich“, so Tuchel. „Dass es immer auch Meinungsverschiedenheiten an der Sache gibt, ist normal und zwingend notwendig, um sich weiterzuentwickeln.“

Über eine Verlängerung des 2018 auslaufenden Vertrags aber hat man noch nicht gesprochen. „Ich gehe davon aus, dass sie respektieren, dass ich ein extrem schlechter Verhandlungspartner bin während einer Saison“, sagt er. Dann hat dieser detailversessene Trainer keinen Blick für andere Dinge, dann gräbt er sich ein in alles, was mit Fußball und seiner Mannschaft zu tun hat. Alles mit dem Ziel, der Mannschaft neue Zielstrebigkeit in der Offensive und Stabilität in der Defensive zu verleihen, um in der zweiten Saisonhälfte möglichst viele Spiele gewinnen. „Dann erledigt sich alles andere meiner Erfahrung nach sehr, sehr schnell“, sagt Tuchel – und lacht.