In der Schwarzgeld-Affäre um ehemaligen Bochumer Spieler Raymond Kalla gerät die VfL-Chefetage ins Visier der Staatsanwaltschaft
Bochum. Die Chefetage des VfL Bochum um den Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Altegoer ist ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Unangenehme Vorwürfe, mit denen sich die Fußball-Oberen auseinander setzen müssen: Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung. "In diesen Punkten ermitteln wir", bestätigt Staatsanwältin Stephanie Koch.
Mit den Vorwürfen gegen den Bundesligisten zieht die Schwarzgeld-Affäre um den ehemaligen VfL-Profi Raymond Kalla (32) weite Kreise. Namen möchte die Staatsanwältin nicht nennen. Aber im Prozess gegen den Ex-Nationalspieler aus Kamerun wurde klar, dass die Staatsanwaltschaft wohl auch Werner Altegoer unter Verdacht hat. Denn: Altegoers Unterschrift taucht auf einem Vertrag aus dem Jahr 2002 auf, der Kalla über Umwege ein Handgeld für seinen Wechsel zum VfL Bochum garantieren sollte.
Der Fußballer hat vor dem Bochumer Amtsgericht zugegeben, von seinem Ex-Verein rund 640 000 Euro zusätzlich zum normalen Gehalt erhalten und nicht versteuert zu haben. Das Geld soll zum Schein als Provision für einen Spielervermittler deklariert und auf dessen Konto in Monaco überwiesen worden sein. Ein Umweg, um das attraktive "Begrüßungsgeld" für Raymond Kalla am Finanzamt vorbeizuschleusen, so der Vorwurf. Neben Altegoer hat anscheinend auch VfL-Aufsichtsratsmitglied Heinz Hossiep besagten Vertrag unterschrieben.
Sowohl den Äußerungen der Staatsanwältin als auch denen des Richters ist zu entnehmen, dass die Justiz Handgeld-Zahlungen im Sport für eine gängige Praxis hält. Richter Karl-Heinz Bösken: "Nach dem Motto: Alle tun's, alle wissen's, keiner spricht darüber."
Kallas Zeit in der Bundesliga liegt schon etwas zurück. Von 2002 bis 2005 trug er das Trikot des VfL Bochum. Derzeit lebt Kalla in Paris, wo er auch den Fahndern ins Netz gegangen war. Paris, immer wieder Paris. Dort warten Ehefrau und drei Kinder auf den Ausgang des Prozesses (das Urteil wird am Donnerstag verkündet), und dort war auch der rätselhafte Vertrag mit dem VfL Bochum 2002 besiegelt worden. "Im Ibis-Hotel am Flughafen", sagt Kalla.
Der Bewegungsradius des einst so viel beschäftigten Profis ist augenblicklich arg eingeschränkt. Nach mehreren Monaten Hausarrest in Frankreich darf er derzeit nicht viel weiter als bis zum Hotel in Gladbeck und zurück zum Gericht in Bochum. Dafür ließ der Hüne (1,92 Meter) gestern auf der Anklagebank seinen Worten freien Lauf und sprach über seinen Wechsel nach Bochum. "Im Herzen bin ich immer noch ein Bochumer." Allerdings betonte er immer wieder, dass er mit den Modalitäten der Handgeld-Zahlungen nichts zu tun gehabt habe. Er habe lediglich die Forderungen gestellt: "Und zwar netto."
Alles weitere sei Sache des Vereins und persönlicher Berater gewesen - er selbst hatte damals andere Termine: Der Mannschaftsbus habe bei Vertragsabschluss schon vor der Tür gestanden und gehupt. Denn: Raymond Kalla musste mit seiner Nationalmannschaft zur WM in Japan und Südkorea abreisen.