Kuusamo. .
Im finnischen Kuusamo ist es schöne Tradition, dass der Weihnachtsmann und seine Gattin beim Weltcup-Auftakt der Skispringer an der Schanze stehen. Severin Freund hat sich an diesem ersten Adventswochenende mit dem berühmten Paar fotografieren lassen und auf seinen Lippen stand ein strahlendes Lächeln.
Sieben Monate nach einer schweren Hüftoperation fühlte sich Deutschlands bester Flieger ein bisschen so, als seien Weihnachten und Ostern auf einen Tag gefallen. Völlig unerwartet ließ Freund seinem sensationellen zweiten Platz vom Freitag einen Tag später den 22. Weltcup-Sieg folgen. Nun fährt er im Gelben Trikot des Gesamtweltcup-Spitzenreiters zum Heim-Weltcup am kommenden Wochenende in Klingenthal.
„Ich kann das noch gar nicht glauben“, sagte Freund danach kopfschüttelnd und fügte auf Facebook hinzu: „Wow, von so einem Comeback kann man eigentlich nur träumen! Eine schöne Belohnung für die ganze Schufterei in den vergangenen Monaten!“
Knapp am Schanzenrekord vorbei
Bei schwierigen Bedingungen im dichten Schneetreiben hatte der 28-Jährige mit stolzen 11,6 Punkten Vorsprung vor dem Norweger Daniel Andre Tande triumphiert. Die 146 Meter im ersten Sprung lagen nur einen Meter unter dem Weltcup-Schanzenrekord von Gregor Schlierenzauer. Ein Beweis dafür, dass der Weltmeister und Team-Olympiasieger Freund zumindest in den Wettkampfsprüngen auf dem Weltklasse-Niveau vergangener Jahre agierte. Obwohl das vorher eigentlich unmöglich erschien.
Ende April hatte er sich als Folge seines Sturzes beim Vierschanzentourneespringen in Innsbruck einer schweren Hüftoperation unterziehen müssen, bei der die Hüftgelenkslippe genäht und mit Knochenankern fixiert wurde. Ein wirklich komplizierter Eingriff, durch den er insgesamt fünf Monate nicht springen konnte. Der Trainings-Rückstand auf die Konkurrenz war also gewaltig und Freund nach eher mäßigen Trainingssprüngen sicher, dass der Anschluss an die Weltspitze schwierig würde: „Derzeit fehlt noch was. Es ist zwar auf jeden Fall schon deutlich besser, als es nach dem Sturz war. Allerdings noch nicht ganz so gut, wie es zuvor war. Das Gefühl beim Sprung passt noch nicht 100 Prozent zusammen.“
Es kam aber gleich beim ersten Weltcup auf einer seiner Lieblingsschanzen so gut zurück, dass selbst Bundestrainer Werner Schuster „nur den Hut ziehen“ konnte. „Es hat einfach Klick gemacht“, schwärmte Freund.
Dieser Mann, der in seiner Karriere so viele Höhen und Tiefen erlebt hat, ist eben doch aus einem ganz speziellen Holz geschnitzt. 2012 hat er schon einmal ein solch spektakuläres Comeback hingelegt, als er sich nach einem Bandscheibenvorfall operieren lassen musste. Damals kehrte er gleich mit Siegen in Lillehammer und Kuusamo in den Weltcup-Zirkus zurück. Die OP diesmal war noch komplizierter, doch Freund ist durch seine spezielle Herangehensweise an die Dinge zu besonderen Leistungen fähig.
Wundertüte Severin Freund
„Die OP war schon schwierig. Die fieseste Zeit war die direkt nach der Operation, wo ich überhaupt nichts machen konnte. Das war wirklich zäh. Aber bei allem, was außerhalb der Norm läuft, lernst du dazu“, hatte er vor dem Weltcup gesagt: „Ich gehe entspannt und freudig in die Saison, von mir kann niemand ernsthaft etwas erwarten. Ich bin diesmal eine Wundertüte, vielleicht überrasche ich ja alle.“ Genau das ist Severin Freund nun gleich zum Auftakt gelungen.