Erfurt. .

Die Auftaktveranstaltung des DFB-Bundestages lief schon fast 90 Minuten, da traf die Kanzlerin ein. Angela Merkel nahm zwischen ihren CDU-Parteifreunden Thomas de Maizière und Reinhard Grindel Platz, zwischen dem für Spitzensport zuständigen Bundesinnenminister und dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes. Eine dreiviertel Stunde später hielt sie die Laudatio auf den nunmehr fünften Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft, auf Jürgen Klinsmann. Der in Kalifornien beheimatete Schwabe, 108-facher Nationalspieler, Weltmeister 1990 und von 2004 bis 2006 Bundestrainer, war mit seiner Frau Debbie nach Erfurt gekommen. Es heißt, er habe sich Merkel als Laudatorin gewünscht. Die Zusage der Bundeskanzlerin erfolgte kurzfristig.

Nach Fritz Walter, Uwe Seeler, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus nun also Jürgen Klinsmann. Die Ehrengalerie des DFB wird durch die beiden Spielführerinnen Bettina Wiegmann und Birgit Prinz komplettiert. Die Kanzlerin lobte die „zwei prägenden Jahre“ unter dem Bundestrainer Klinsmann. „Auf ihnen ruhte die lastenschwere Hoffnung, das DFB-Team fit für die WM im eigenen Lande zu machen“, sagte Merkel. „Und die Erwartungen haben sie wahrlich nicht enttäuscht.“ Klinsmann sei Wegbereiter des WM-Titels 2014 gewesen.

Die Ehrung für Klinsmann ist auch ein gewaltiges PR-Manöver des DFB. Zwar sind die finanziellen Unregelmäßigkeiten rund um die WM 2006 längst nicht aufgeklärt und juristisch gewürdigt, doch Grindel sagte: „Die WM 2006 bleibt ein Ereignis, das ein Erfolg war und auf das wir stolz sein können.“

„Echter Sympathieträger“

Merkel erinnerte mit keinem Wort an die dunklen Seiten des Sommermärchens. „Sie, lieber Herr Klinsmann, sind ein großartiger Sportler, ein echter Sympathieträger und ein großartiges Vorbild weit über den Sport hinaus“, sagte sie. Es gab Standing Ovations für Klinsmann.

Auch einige der Skeptiker von einst lobten den neuen Ehrenspielführer in den höchsten Tönen. „Er hat gravierende Veränderungen im DFB vorgenommen“, adelte ihn Heribert Bruchhagen, der als Vertreter der DFL bis Freitag noch im Vorstand des DFB sitzt. „Ob ich das damals allerdings so richtig gut fand, daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern“, formulierte er selbstironisch. Klinsmann war außer sich vor Freude. Er bedankte sich überschwänglich bei seinem ewigen Förderer Berti Vogts – und bei Merkel. Er würde die Kanzlerin „am liebsten mitnehmen nach Amerika und sie wird neue US-Präsidentin“, dichtete Klinsmann. „Diese Hürde würde sie ganz locker überspringen.“