Bordeaux. .

Es ist eine anstrengende Prozedur für die Spieler der belgischen Nationalmannschaft, die für die tägliche Medienrunde auserkoren sind. Wenn nicht der emsige Pressesprecher Pierre Cornez den einen oder anderen an die Hand nehmen würde, wüssten die Akteure gar nicht, welches Areal im „Le Haillan“, der Trainingsstätte des französischen Erstligisten Girondins Bordeaux, gerade anzusteuern ist. Im größten Zelt wartet die schreibende Presse, dazu gibt es überdachte Stationen für Fernsehanstalten. Immer fast dieselben Fragen. Und zwangsläufig ähnliche Antworten.

Gestern Wahnsinn, morgen Genie

Vor dem letzten Gruppenspiel gegen Schweden (Mittwoch, 21 Uhr/ ZDF) saß unter anderem Eden Hazard auf dem Podium. Die Berichterstatter interessierte, was er vor einer Partie zu sagen hatte, in der den Roten Teufeln ein Remis reicht, um sicher als Gruppenzweiter weiterzukommen. Der 25-Jährige trägt nicht nur die Nummer zehn auf dem Rücken, sondern auch die Kapitänsbinde am Arm, seitdem Vincent Kompany verletzt absagen musste.

Eine Bürde, die der edle Techniker erst noch schultern muss: „Plötzlich muss man ernsthafte Dinge sagen. Nach und nach versuche ich, das zu lernen.“ Da weiß einer, dass die Entscheidung seines Trainer Marc Wilmots von Argwohn begleitet wurde. Ob der 1,73 Meter kleine Star zum Anführer taugt? Hazard brachte dazu die üblichen Allgemeinplätze hervor: „Ich bin nicht der Star. Das Team ist der Star.“

Er ist vor allem das bisherige Sinnbild für die belgische Schwankungsbreite. Gestern Wahnsinn, morgen Genie. Der Chelsea-Profi hat schon alles hinter sich: Seinem wirren Auftritt gegen Italien (0:2) folgte eine flirrende Aufführung gegen Irland (3:0). Wie Hazard nicht nur einen irischen Gegenspieler, sondern auch einen türkischen Schiedsrichterassistenten überspurtete, gehörte zu den spektakulärsten EM-Szenen.

Ibrahimovic hört auf

Wilmots dankte seinen Spielern am Tag danach mit einem Grillabend mit den Spielerfrauen, der auch dem dreifachen Vater Hazard sehr gefallen haben soll. Sonst hätte der 67-fache Auswahlspieler vor dem Duell mit Schweden nicht noch einen Witz gemacht, als unweigerlich die Frage aufkam, was er denn fußballerisch von Zlatan Ibrahimovic, der nach der EM seine Karriere in der Nationalmannschaft der Tre Kronor beenden wird, lernen könne. „Ob ich von ihm dribbeln lernen kann? Er von mir, ja!“ War natürlich nur Spaß. Zeigt aber, dass auch der Belgier, wenn auch auf ganze andere Art, zur Reizfigur taugt.