Essen. . Die Basketballer der Cleveland Cavaliers sind erstmals NBA-Champion. Der 93:89-Sieg im Entscheidungsspiel lässt die gebeutelte Industriestadt in Ohio jubeln.
Am Ende hielt er gleich zwei Pokale in den mächtigen Armen. Der kleine: Belohnung für den besten Spieler der Finalserie. Nett, für einen LeBron James aber eher wertlos ohne den anderen, den großen – den des Meisters. James und seine Cleveland Cavaliers haben die Golden State Warriors in der Nacht zu Montag im entscheidenden siebten Spiel 93:89 geschlagen. Es ist der erste Titel für die „Cavs“. Und das erste Mal in der Geschichte der NBA, dass eine Mannschaft einen 1:3-Rückstand noch zum Gesamtsieg drehen konnte.
Das Ruhrgebiet Amerikas
LeBron James tat das, was man kurz nach dem Gewinn einer Meisterschaft so macht: Tränen des Glücks vergießen, Mitspieler umarmen, Gratulationen des Gegners entgegen nehmen. „Dieser Titel ist für euch. Für Cleveland“, rief er in die Mikrofone der Journalisten. Ja, diese Meisterschaft ist für den 31-Jährigen eine Besondere. Zweimal war er Champion mit den Miami Heat, damals ein Zusammenschluss mehrerer Superstars. Diesmal aber war James der Anführer einer Mannschaft, der im Finale gegen die Golden State Warriors nicht viele Chancen eingeräumt wurden. Nicht gegen das Team aus Oakland, das die beste Vorrunde der NBA-Geschichte gespielt hatte. Nicht nur deshalb war James stolz. „Der Unterschied zu meinen vorherigen Meisterschaften? Ich bin zu Hause.“
Zuhause. Cleveland im Nordosten Ohios. Eine Großstadt mit knapp 400 000 Einwohnern. Früher Teil des sogenannten „Rostgürtels“, der amerikanischen Variante des Ruhrgebiets. Früher war Cleveland eine stolze Stahlhochburg, heute ist die Stadt pleite und grau – das Duisburg Amerikas. Bis Ende der 1960er-Jahre stand mehrmals der durch die Stadt fließende Cuyahoga River in Flammen. In der Suppe aus Abwässern genügte ein Funke zum Brand.
Fans verbrannten James-Trikots
Auch 2010 loderte es. LeBron James, im nur wenige Kilometer entfernten Akron geboren und 2003 direkt von der Schule kommend bei den Cavaliers zum Hoffnungsträger erklärt, wechselte zu den Miami Heat. Auf den Straßen der Stadt setzten enttäuschte Fans die Trikots des Starspielers in Flammen. James galt als Verräter jener Stadt, die abseits der wirtschaftlichen Misere auch ein jahrzehntelanges sportliches Tal durchschritt. Zuletzt holte das Footballteam der Browns 1964 die Meisterschaft. Der Titel-Fluch ging um.
Belächelt wurde James, als er 2014 aus Miami zurückkehrte und den Cavaliers den Titel versprach. Seitdem standen die „Cavs“ zweimal im Finale. Und waren nun im zweiten Anlauf erfolgreich. Mit James, der in dieser Finalserie noch einmal alles aus sich herausholte, im nervenaufreibenden siebten Spiel 27 Punkte erzielte und sich mit dem Sieg endgültig zu einem der besten Basketballer der Geschichte krönte. Mit Kyrie Irving, der seinen Anführer in Szene setzte und in den Schlussminuten den entscheidenden Drei-Punkte-Wurf versenkte. Mit Kevin Love, J.R. Smith, Iman Shumpert und Tristan Thompson, diesen wichtigen Rollenspielern.
Enttäuschter Stephen Curry
„Es war schlimm, ihnen beim Feiern zu zusehen“, sagte ein enttäuschter Stephen Curry. In der Finalserie hatte der Star der Kalifornier enttäuscht. Im letzten Spiel gelang dem besten Distanzwürfen der Liga nur 17 Punkte, doch in den engen Schlusssekunden fiel sein gefürchteter Dreier nicht in den Korb, segelte gar komplett am Ring vorbei. „Ich hatte einige schlechte Spiele in dieser Serie. Aber ich werde kommende Saison stärker zurückkommen.“
Es war die Zeit der großen Versprechen. Und als NBA-Chef Adam Silver den Pokal überreichte und verkündete, dass der sportliche Fluch in Cleveland endlich gebannt sei, blickte auch LeBron James in die Zukunft. Breit lächelnd. „Am Mittwoch wird es die größte Party geben, die Cleveland je gesehen hat.“