Paris. .

Boris Becker kann sich noch an die Tage nach dem French-Open-Endspiel des letzten Jahres erinnern. Es waren die Tage, an denen er als Trainer des Tennis-Stars Novak Djokovic vor seiner größten Herausforderung stand. „Er war total niedergeschlagen nach der Niederlage gegen Wawrinka. Am Boden zerstört“, sagt Becker, „in seiner ersten Enttäuschung wollte er sogar nicht in Wimbledon antreten.“ Es habe eines „gemeinsamen Kraftakts“ aller Trainer und Vertrauten des Serben bedurft, „um ihn aufs Gleis zu stellen und diesen Frust wegzuschieben.“

Noch sind die Grand-Slam-Festspiele im roten Sand ein Schauplatz der Tränen für Djokovic, ein Ort, der für einen unerfüllten Traum steht. Und auch für das letzte ungelöste Rätsel in dieser grandiosen Karriere.

Bittere Pleite 2015 gegen Wawrinka

Wenn Djokovic und Becker mit dem Erstrunden-Match gegen den Taiwanesen Yen-Hsun Lu in die Roland-Garros-Mission der Saison 2016 gehen, dann verbindet sie immer noch eine unschöne Gemeinsamkeit – nämlich alle Majors außer dem von Paris gewonnen zu haben. „Es ist natürlich eins der größten Saisonziele. Ich will endlich diesen Pokal gewinnen“, sagt Djokovic, „aber ich jage dieses Ziel nicht mit Verbissenheit.“

Die Finalniederlage 2015 gegen Wawrinka war im Nachhinein der einzige fehlende Sieg für Djokovic zur perfekten Saison. Der 29-Jährige gewann alle anderen Grand-Slam-Turniere, auch die wichtigsten Masters-Turniere und holte sich schließlich mit selbstverständlicher Leichtigkeit auch noch die ATP-WM-Krone in London zum Jahresabschluss.

Auch 2016 hat Djokovic wieder die Rolle des unbarmherzigen Dominators eingenommen, mit Siegen bei den Australian Open, in Miami, Indian Wells, Madrid und Doha. Die einzige gravierende Niederlage erlitt er beim letzten wichtigen Vorbereitungsturnier in Rom gegen Andy Murray – ein Menetekel für Paris war diese Niederlage indes nicht.

Drei große Widersacher

Wen er bei seinem zwölften Pariser Anlauf schlagen müsse, sei ihm egal, sagt Djokovic, „ich bin aber auf alles gefasst.“ Auf Murray, den plötzlichen Sandliebhaber. Auf Wawrinka, den Titelverteidiger. Auf Nadal, den König von Paris. Djokovic ist Favorit – welche Spuren alle vergeblichen Anläufe zum Ruhm in Roland Garros hinterlassen haben, ist eine andere Sache. Eine Unbekannte in Djokovics eigener Rechnung.