Essen. . Das Sigurdsson-Team betreibt in Polen beste Werbung für den deutschen Handball. Aber es gibt die ersten Warnungen, dass die Euphorie wieder verpufft.

Deutschland feiert seine Handball-Helden – und auch Frank Bohmann freut sich über die guten Leistungen des Nationalteams bei der EM in Polen. Doch der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga ist auch Realist. „Kurzfristige Auswirkungen auf die Liga wird es durch die EM geben“, sagt Bohmann. „Aber insgesamt wird die Handball-Bundesliga nicht in neue Dimensionen stoßen.“

Ohne Olympia wäre Handball-Boom vorbei

Bohmann warnt im Gespräch mit FUNKE Sport sogar: „Wenn wir nicht Europameister werden, geht es im April ins Olympia-Qualifikationsturnier. Scheitern wir dort, wären die zurückliegenden Tage nur ein Strohfeuer gewesen.“

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Am 10. Februar, also nur zehn Tage nach dem EM-Finale, geht die stärkste Liga der Welt weiter. EM-Euphorie kann der Handball-Bundesliga nur guttun. Mit einem Schnitt von 4826 Zuschauern pro Spiel erreicht die Liga nur etwas mehr als ein Zehntel der Fußballer (43 187). Obwohl die TV-Quoten dramatisch um teilweise 40 Prozent beim Sender Sport1 gegenüber der Vorsaison gestiegen sind und bei elf Partien über 300 000 Handballfans zuschauten, sind das kleine Zahlen. Beim Fußball rechnet man in Millionen.

Unsere Handball-Helden im Blickpunkt

Drittliga-Handballer Kevin Herzog (24) beurteilt die DHB-Auswahl.

Der 24-jährige Student lebt für den Handball. Er spielt in der 3. Liga beim Aufsteiger TuS Volmetal. Seine Position: Linksaußen oder Rückraum links. (Foto: Biene-Hagel)

Carsten Lichtlein (35), Torwart vom VfL Gummersbach. Größe: 2,02 Meter; Gewicht: 100 Kilo. Quote bei Siebenmetern: 44 Prozent

Das sagt Kevin Herzog über Lichtlein: "Lütti ist der letzte Weltmeister von 2007. Ein großer Teamplayer und unermüdlicher Motivator." (Foto: imago sportfotodienst)

Andreas Wolff (24), Torwart von der HSG Wetzlar. Größe: 1,98 Meter; Gewicht: 105 Kilo. Quote bei Feldwürfen: 35 Prozent

Das sagt Kevin Herzog über Wolff: "Unser bisher vielleicht wichtigster Spieler. Müsste aufgrund seiner Statur Bär heißen." (Foto: dpa)

Finn Lemke (23), Rückraum links vom SC Magedeburg. Größe: 2,10 Meter; Gewicht: 115 Kilo. Tore im Turnier: 1

Das sagt Kevin Herzog über Lemke: "Er ist schon durch seine Größe der Turm in der Schlacht. Sieht lieb aus, packt in der Abwehr aber zu." (Foto: dpa)

Tobias Reichmann (27), Rechtsaußen von VS Vive Kielce. Größe: 1,88 Meter; Gewicht: 85 Kilo. Tore im Turnier: 40

Das sagt Kevin Herzog über Reichmann: "Sprungwunder und Top-Torschütze. Zudem ein sicherer Siebenmeterschütze." (Foto: dpa)

Johannes Sellin (25), Rechtsaußen von MT Melsungen. Größe: 1,86 Meter; Gewicht: 85 Kilo. Tore im Turnier: 5

Das sagt Kevin Herzog über Sellin: "Ein sehr abgezockter Spieler, der hinter dem überragenden Reichmann allerdings wenig Einsätze hat." (Foto: imago sportfotodienst)

Fabian Wiede (21), Rückraum rechts der Füchse Berlin. Größe: 1,94 Meter; Gewicht: 93 Kilo. Tore im Turnier: 22

Das sagt Kevin Herzog über Wiede: "Einer der Helden aus dem Dänemark-Spiel. Besonders stark im Eins-gegen-Eins." (Foto: Getty Images)

Hendrik Pekeler (24), Kreisläufer der Rhein-Neckar Löwen. Größe: 2,03 Meter; Gewicht: 101 Kilo. Tore im Turnier: 7

Das sagt Kevin Herzog über Pekeler: "Bildet mit Lemke den Innenblock und versteht es gut, die Gegner zu provozieren. Der Schlingel." (Foto: Getty Images)

Steffen Weinhold (29), Rückraum rechts beim THW Kiel. Größe: 1,91 Meter; Gewicht: 94 Kilo. Tore im Turnier: 19

Das sagt Kevin Herzog über Weinhold: "Kapitän, Rammbock. Sieht aus wie S04-Fußballer Benedikt Höwedes. Geht dahin, wo es wehtut. Daher: leider verletzt." (Foto: dpa)

Martin Strobel (29), Rückraum Mitte der HSG Balingen-Weilstetten. Größe: 1,89 Meter. Gewicht: 90 Kilo. Tore im Turnier: 4

Das sagt Kevin Herzog über Strobel: "Der Kopf des Teams. Debütierte kurz nach der Heim-WM 2007, hat also Titel-Nachholbedarf." (Foto: Getty Images)

Erik Schmidt (23), Kreisläufer beim TSV Hannover-Burgdorf. Größe: 2,04 Meter; Gewicht: 101 Kilo. Tore im Turnier: 13

Das sagt Kevin Herzog über Schmidt: "Er ist einer der großen Überraschungen. Schmidt spielt einen soliden Part in Abwehr und Angriff." (Foto: Getty Images)

Steffen Fäth (25), Rückraum links der HSG Wetzlar. Größe: 1,95 Meter. Gewicht: 95 Kilo. Tore im Turnier: 32

Das sagt Kevin Herzog über Fäth: "Er ist der Spieler mit dem Hammer im Arm. Fast jeder seiner Würfe findet den Weg ins Tor." (Foto: dpa)

Rune Dahmke (22), Linksaußen vom THW Kiel. Größe: 1,90 Meter; Gewicht: 81 Kilo. Tore im Turnier: 22

Das sagt Kevin Herzog über Dahmke: "Rune ist der einzige Linksaußen im Team und besticht durch überragende Würfe." (Foto: Getty Images)

Simon Ernst (21), Rückraum Mitte beim VfL Gummersbach. Größe: 1,95 Meter; Gewicht: 84 Kilo. Tore im Turnier: 1

Das sagt Kevin Herzog über Ernst: "Simon ist wie der dritte Torwart beim Fußball: dabei, um Erfahrungen zu sammeln." (Foto: Getty Images)

Niclas Pieczkowski (26), Rückraum Mitte beim TuS Nettelstedt-Lübbecke. Größe: 1,93 Meter; Gewicht: 97 Kilo. Tore im Turnier: 5

Das sagt Kevin Herzog über den früheren Spieler von Einracht Hagen und dem TV Letmathe: "Er ist der Allrounder im Team, der da aushilft, wo gerade Bedarf besteht." (Foto: Getty Images)

Christian Dissinger (24), Rückraum links vom THW Kiel. Größe: 2,02 Meter; Gewicht: 103 Kilo. Tore im Turnier: 17

Das sagt Kevin Herzog über Dissinger: "Der Kieler war Deutschlands große Hoffnung - bis er sich im Turnier ebenfalls verletzte." (Foto: Getty Images)

Jannik Kohlbacher (20), Kreisläufer der HSG Wetzlar. Größe: 1,93 Meter. Gewicht: 113 Kilo. Tore im Turnier: 10

Das sagt Kevin Herzog über Kohlbacher: "Er besticht nicht nur durch perfekt liegende Haare, sondern auch durch unbändigen Willen." (Foto: dpa)

Kai Häfner (26), Rückraum rechts beim TSV Hannover-Burgdorf. Größe: 1,92 Meter. Gewicht: 96 Kilo. Tore im Turnier: 13

Das sagt Kevin Herzog über Häfner: "Bester Feld-Torschütze der Bundesliga, nachträglich für Weinhold nominiert und sofort gut im Spiel." (Foto: dpa)

Julius Kühn (22), Rückraum links vom VfL Gummersbach. Größe: 1,98 Meter. Gewicht: 92 Kilo. Tore im Turnier: 3

Das sagt Kevin Herzog über Kühn: "Julius ist ein typischer Shooter. Er wurde für Dissinger nachnomiert." (Foto: imago sportfotodienst)

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Nach WM-Sieg 2007 wurde eine Chance vertan

„Fast alle Topstars spielen in der Bundesliga, die Aufmerksamkeit nutzt allen“, sagt Frank Steffel, Präsident des Erstligisten Füchse Berlin warnend, „nach dem WM-Sieg 2007 wurde diese Chance vertan. Diesmal werden wir alle diese einmalige Gelegenheit nutzen.“

Jeder Vergleich mit Fußball hinkt alleine schon wegen der Kapazitäten der Spielstätten. Spielt der HBW Balingen-Weilstetten zu Hause, finden höchstens 2350 Zuschauer Platz.

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Die Handball-Bundesliga feiert dafür ihre kleinen Erfolge. Die einst schwache Zusammenarbeit zwischen der Liga und dem Deutschen Handball-Bund (DHB) hat sich gewandelt. Seit 2007 betreiben die Bundesligisten Nachwuchszentren, deren Absolventen nun den Kern des Nationalteams bilden. 14 EM-Neulinge spielen für Deutschland. Und das soll erst der Anfang sein.

Nationalmannschaft ist Motor für den Sport

Das sieht auch Bob Hanning so, der Manager der Füchse Berlin und Verbandsvize: „Die Erfolge der Nationalmannschaft sind der Motor für unseren Sport.“ Gerade der Amateurhandball lechzt nach frischem Blut.

2015/16 wurden 22 192 Mannschaften gemeldet – über 1000 weniger als in der Saison zuvor. Seit 2010 hat der DHB gar ein Sechstel an Teams verloren. Hanning: „Für sportlichen Erfolg müssen wir das Siegen lernen. Da sind wir am Anfang.“