Melbourne. .
Die Pflicht ist erfüllt, nun hat Angelique Kerber Lust auf ihre Melbourne-Kür. „Meine Reise ist hier noch nicht zu Ende“, sagte sie nach dem deutschen Tennis-Duell bei den Australian Open gegen Annika Beck, das die an Position sieben gesetzte Kielerin ohne Mühe mit 6:4, 6:0 gewann. Im Viertelfinale wartet nun am Mittwoch ein großer Name auf die letzte im Hauptfeld verbliebene Deutsche: Viktoria Asarenka, ehemalige Weltranglistenerste, Weißrussin, Angstgegnerin.
Alle bislang sechs Aufeinandertreffen gingen aus Kerbers Sicht verloren, zuletzt Anfang des Jahres das Finale von Brisbane. Und auch ein Spiel mit ganz vielen Ausrufezeichen vor gut vier Monaten in einer flirrenden Septembernacht von New York. Diese dritte Runde war das beste Spiel in Kerbers Karriere, ein Match zum Verlieben, aber mit grausamem Ende und einer Riesenenttäuschung für Kerber.
Nun, bei den Grand-Slam-Festspielen von Melbourne, kreuzen sich ihre Wege schon wieder, in der Runde der letzten Acht, im ersten Viertelfinalmatch, das Kerber überhaupt in Melbourne spielen wird. „Ich bin bereit für die Herausforderung“, sagte sie nach dem klaren Sieg im innerdeutschen Duell mit der Bonnerin Annika Beck, „aber ich weiß auch, dass ich noch besser, noch entschlossener spielen muss.“
Es geht es um einen möglichen Triumph mit hoher Symbolkraft. Denn abseits der persönlichen Rivalität mit der wiedererstarkten Weißrussin wartet die deutsche Nummer eins seit langer Zeit auf einen großen Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier.
Kerber hat jetzt in Australien das zunächst Erwartbare getan, ihre Pflicht erfüllt und sich als aktuelle Weltranglistensechste ins Viertelfinale vorgespielt – die Schrecksekunde eines abgewehrten Matchballs in Runde eins gegen die Japanerin Misoki Doi ließ sie souverän hinter sich. Nun wäre es höchste Zeit, dass sich was dreht in der Grand-Slam-Choreographie für das manchmal zu verbissene Nordlicht: Nichts weniger als ein Sieg in einem dieser Schlüsselspiele muss her, ein Sieg noch dazu gegen Asarenka. „Ein paar Matches mehr“ wolle sie noch haben in Melbourne, sagte Kerber.
Hoffnungsträgerin auch im Fed Cup
Welch gewaltige Prüfung ihr bevorsteht, weiß Kerber nicht zuletzt wegen eines eher unangenehmen Rendezvous, das sie mit Asarenka auch schon auf den ersten Metern des Tennisjahres 2016 hatte. Im Finale von Brisbane, das Asarenka mit bestechender Dynamik und Konstanz beherrschte. Es war Einbahnstraßen-Tennis beim 6:3, 6:1-Sieg der Weißrussin. Ein Indiz auch dafür, wie sehr sich die lange verletzte Weltklassespielerin wieder ihrem alten Leistungsniveau angenähert hat.
Kerber, inzwischen die letzte deutsche Mohikanerin in der Australian-Open-Einzelkonkurrenzen, wird im übrigen auch die zentrale Hoffnungsträgerin im Nationaltrikot sein – am übernächsten Wochenende, beim Fed-Cup-Spiel in Leipzig gegen die starken Schweizerinnen.
Bundestrainerin Barbara Rittner dürfte an diesem Dienstag sicher Kerber und Andrea Petkovic nominieren, doch dahinter birgt die Personalauswahl durchaus Überraschungspotenzial. Die Achtelfinalistinnen aus der zweiten Reihe, Anna-Lena Friedsam und Annika Beck, könnten erste Wahl werden. Auch anstelle einer Sabine Lisicki, die der deutschen Auswahl mit ihrem gegenwärtigen Leistungsstand noch keine große Hilfe sein kann.