Jekaterinburg. .

Die Party von Dimitrij Ovtcharov nach dem EM-Finale in Jekaterinburg verlief vergleichsweise verhalten. Mit Pizza, zwei, drei Bier und einer Runde für die Kollegen feierte der Tischtennis-Profi am späten Sonntagabend seinen zweiten Einzel-Titel im Mannschaftshotel – fünf Stunden später startete bereits der Rückflug von der Stadt am Ural über Moskau nach Düsseldorf.

„Am Dienstagnachmittag beginne ich wieder mit dem Training. Jeder Tag zählt“, sagte Europas Bester. Sein Maßstab sind die besten Chinesen. „Und die arbeiten sauhart. Sie sind noch stärker“, erklärte der Weltranglistenfünfte. Vor ihm liegen noch vier Chinesen, die er 2016 bei der Team-WM in Kuala Lumpur und bei Olympia in Rio angreifen möchte. „Ich habe dieses Jahr die EM, die European Games und das Europa-Top-Turnier gewonnen. Darauf bin ich stolz. Die Ambitionen sind aber höher“, erklärte der 27-Jährige.

Bundestrainer Jörg Roßkopf gefällt Ovtcharovs Fähigkeit, sich total auf ein Ziel konzentrieren zu können. „Dima hat sein bestes Tischtennis im EM-Finale gezeigt“, sagte der Europameister von 1992. „Für mich ist er der beste Spieler Europas. Einer der wenigen, die ihn schlagen können, musste bei der EM wegen einer Knie-Operation passen“, fügte der Coach mit dem Verweis auf den verletzten Rekord-Europameister Timo Boll hinzu.

Ovtcharov strotzte in Jekaterinburg vor Selbstvertrauen. Mehrfach erklärte er, dass es schwer sein würde, ihn zu schlagen, und dass er der beste Spieler des Turniers sei. Das könnte man auch als Überheblichkeit auslegen. Doch bei ihm steckt hinter einer großen Klappe auch viel dahinter. „Nach zwei Jahren Nummer eins in Europa kann ich solch ein Selbstbewusstsein wohl haben“, argumentierte der Olympia-Dritte.

In 14 Partien musste er mehrere knifflige Situationen überstehen. Der Österreicher Stefan Fegerl hatte einen Matchball gegen ihn, der Portugiese Marcos Freitas zog im dritten Satz des Endspiels mit irrwitzigen Bällen auf 7:4 davon. Doch Ovtcharov legte stets den Schalter um: „Einige Spieler haben gegen mich über ihrem Level gespielt. Das will ich bei Olympia gegen die Chinesen auch probieren, dafür trainiere ich.“

Vertrag in Orenburg läuft aus

Nach der EM bedankte sich Dima im perfekten Russisch bei seinen russischen Fans für die Unterstützung. Der in Kiew geborene und in Hameln aufgewachsene Profi verdient beim Spitzenklub Fakel Orenburg in Russland gutes Geld. Er tendiert dazu, den im Sommer auslaufenden Vertrag zu verlängern. Einige Orenburger waren extra mit dem Flugzeug nach Jekaterinburg gejettet, um ihn anzufeuern. „Ich habe dem Verein schon einige Titel geschenkt, da können die auch mal was für mich tun“, scherzte Ovtcharov.