Düsseldorf. . Michael Schrader hat viele Höhepunkte verletzt verpasst. Der Vize-Weltmeister im Zehnkampf aus Duisburg ist jetzt topfit und freut sich auf die WM-Qualifikation in Ratingen.
Als Michael Schrader bei der Pressekonferenz zum Ratinger Mehrkampf-Meeting am Donnerstag im Düsseldorfer Flughafen interviewt wurde, stellte ihn die Radioreporterin vor eine Spezialaufgabe. Da nur seine Antwort gesendet würde, müsse er die gestellte Frage in seine Ausführungen einbeziehen. Der Duisburger zögerte nur kurz, dann sprach er ebenso locker wie präzise in das Mikrofon. Die elfte Disziplin hat der 27-Jährige souverän gelöst, am Samstag und Sonntag will er in Ratingen bei der Qualifikation der Zehnkämpfer für die Weltmeisterschaften in Peking die Herausforderungen der verschiedenen leichtathletischen Disziplinen mit einer ähnlichen Herangehensweise meistern. So locker und entspannt wie möglich, so präzise und konzentriert wie nötig.
„Ich habe richtig Bock. Ich will in Ratingen Spaß haben und möglichst gewinnen“, sagt Schrader. Vor vier Wochen hat er als Zweiter im österreichischen Götzis die WM-Norm mit 8415 Punkten geschafft. Auch Kai Kazmirek (8462) und Rico Freimuth (8380) hakten den WM-Richtwert bereits ab. Endgültig werden die WM-Tickets erst in Ratingen vergeben. Mit Pascal Behrenbruch will der Europameister von 2012 einen aus dem Trio noch verdrängen. „Ich glaube, dass die Plätze vergeben sind. Aber er kann ja beweisen, dass es anders ist“, erklärt Schrader.
Ratingen ist für Schrader ein Heimspiel
Für ihn ist Ratingen ein Heimspiel. Der Vize-Weltmeister von 2013 hat seinen ersten Wohnsitz zwar in Halle an der Saale und startet für den SC Hessen Dreieich, doch er ist in Duisburg aufgewachsen und hat beim Homberger TV das Einmaleins der Leichtathletik erlernt. „Ich habe in Duisburg eine gemeinsame Wohnung mit meiner Freundin, auch wenn ich nur eine Woche im Monat dort sein kann“, sagt Schrader. Am Freitag wird er aber vorsichtshalber aus seinem Duisburger Domizil in ein Ratinger Hotel ziehen. Vor seinen Konkurrenten hat er keine Angst. „Aber ich will meinen Start nicht durch einen Stau gefährden“, erzählt er.
Schließlich ist es seine erste Teilnahme in Ratingen seit 2008. Schrader freut sich auf die beiden Tage nahe der Heimat. Das Meeting ist für ihn wegen der Nähe zu den Zuschauern etwas ganz Besonderes. Die Familie und selbst die Kumpels von der Schule haben sich angesagt.
Verletzungen stoppten diesen ebenso sympathischen wie begabten Mehrkämpfer. Jahr für Jahr. 2013 kam er endlich mal ohne Verletzungen durch den Winter und holte Silber bei der WM in Moskau mit starken 8670 Punkten. Dem Triumph folgte ein erneuter Rückschlag: 2014 musste er wegen einer Knieverletzung pausieren.
Die WM 2009 in Berlin hatte Schrader schon wegen einer Fußverletzung ebenso verpasst wie die EM 2010, die WM 2011 und Olympia 2012. Nervlich belastend sei das unfreiwillige Zuschauen, gibt er zu. „Aber ans Aufhören habe ich keinen Gedanken verschwendet“, sagt er, „der Zehnkampf ist meine große Leidenschaft. Ein Hobbybastler gibt auch nicht auf, wenn er sich in den Finger schneidet.“
Stressbekämpfung in der Muckibude
Schrader nennt sich selbst einen Meister der Frustbewältigung. Zwangsläufig habe er es lernen müssen, sagt er, denn kaum ein anderer musste so viele Tiefschläge wegstecken. Der Duisburger hat seine spezielle Methode entwickelt, um die tiefe Enttäuschung über die vielen und langen Zwangspausen zu verarbeiten. „Ich gehe dann in die Muckibude, pumpe Gewichte und mache so etwas für meine Strandfigur“, erzählt er. „Ich durfte ja nur die Beine nicht belasten.“ Im Moment ist er allerdings froh, dass er am Strand für etwas weniger Aufsehen sorgen würde.
„Außer einer Ellenbogen-Entzündung habe ich keine Wehwehchen. Ich bin richtig fit“, sagt er. Und deshalb ist er heiß auf das Meeting in Ratingen. Ob es zu einer Bestleistung im Zehnkampf reichen wird, das glaubt er eher nicht. Aber von seinem Lauf über 110 Meter Hürden und vom Stabhochsprung verspricht er sich persönliche Rekorde: „Ich bin so locker. Das müsste klappen.“