Hamburg/Gelsenkirchen. .

Am Ende war es nur noch peinlich. Roberto Di Matteo wies darauf hin, dass Klaas-Jan Huntelaar vor der Pause und nach der Pause jeweils eine gute Chance vergeben habe, aber es gab niemanden mehr, der das noch hören wollte. Schalke 04 beendete die Saison mit einem emotionalen Totalschaden, auch bei der 0:2-Niederlage beim Hamburger SV fuhr die Mannschaft den königsblauen Karren vor die Wand. Und so folgte tags darauf, was sich nicht mehr vermeiden ließ: Di Matteo, der für den Lustlosfußball verantwortliche Trainer, verlor seinen Job. Aus dem Urlaub informierte Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies die Gremien über die Trennung von dem Italiener und dessen Assistenten Attilio Lombardo und Massimo Battara.

Eine offizielle Bestätigung des Vereins folgte noch nicht, es soll aber am Montag Verhandlungen um die Abfindung mit den Beratern von Di Matteo gegeben haben, dessen Vertrag bis 2017 datiert war.

Eine fatale Entwicklung

Di Matteo, nach vermasseltem Saisonstart im Oktober als Nachfolger von Jens Keller geholt, konnte eine fatale Entwicklung nicht aufhalten: Das Team schwankte zwischen Verunsicherung und Verkrampfung, offenbarte spielerische Armut und leistete sich zudem eine unzumutbare Arbeitsauffassung: Nicht wenige der Schalker Zweikampfhasen hätten auch nach der Partie in Hamburg das Trikot mit Bügelfalte zurück in den Schrank legen können.

Manager Horst Heldt kündigte deshalb direkt nach dem Saisonschluss Konsequenzen an. „Wir werden alles auf den Tisch legen und über jede einzelne Person sprechen, die sportlich Verantwortung trägt – ob das Spieler sind, ob es das Trainerteam ist, ob es der Manager ist.“

Elgert müsste überredet werden

Erneut nahm sich Heldt nicht heraus, er weiß, dass die Zusammenstellung der von ihm auserwählten Individualisten keine Mannschaft ergeben hat. Der Wind, der ihm von Seiten der verärgerten Anhängerschaft entgegenbläst, hat orkanartige Stärke angenommen. Erst kürzlich schloss Heldt einen Rücktritt aus, weil er sich in einer schwierigen Situation nicht verdrücken wolle, doch die Blamage zum Saisonende hat die Lage erheblich zugespitzt. Die Frage, welcher Trainer am 28. Juni die Vorbereitung auf die neue Saison aufnimmt, ist ganz eng mit der Frage verknüpft, welcher Manager den neuen Mann aussuchen darf. Da Clemens Tönnies vor sieben Monaten selbst begeistert von der Verpflichtung des mit einem weltmännischem Image versehenen Roberto Di Matteo war, kann er diesen Fehler nun nicht allein Horst Heldt anlasten. Der Schalke-Chef hat den Manager seiner Wahl jahrelang so oft und so schwärmerisch gelobt, dass er ihn wohl kaum per Tritt in den Allerwertesten davonjagen wird. Nicht auszuschließen wäre aber die Klopp-Variante eines Abschieds: Heldt, vertraglich noch bis 2016 gebunden, könnte nach Abstimmung mit Tönnies freiwillig seinen Stuhl räumen, dadurch sein Gesicht wahren und bei seiner Gesamtbilanz in vier Jahren auch auf drei Champions-League-Teilnahmen in Serie verweisen.

Sollte Heldt hingegen bleiben und den neuen Trainer aussuchen dürfen, wird ihm ein Volltreffer gelingen müssen. Es müsste sich um einen Mann handeln, dessen Verpflichtung breite Zustimmung fände. Nicht jeder Trainer, der zu haben wäre, kommt also in Frage.

Nach Informationen dieser Zeitung gibt es zwei Wunschtrainer mit Stallgeruch. Der eine heißt Norbert Elgert, lässt seit Jahren die Talentquelle der Blau-Weißen sprudeln und hat am Montagabend noch mit Schalkes U 19 in Wattenscheid durch einen 3:1-Sieg gegen 1899 Hoffenheim das Endspiel um den Deutschen Meistertitel gewonnen. Der andere heißt Marc Wilmots und zählt wegen seiner damals leidenschaftlichen Spielweise zu den beliebtesten Profis, die je den blau-weißen Dress trugen. Elgert, der 58-jährige Ausbildungsperfektionist, müsste wohl erst überredet werden. Nach dem gewonnenen Finale verkündete er seine Urlaubreife und fügte an: „Wenn ich gewollt hätte, wäre ich es doch schon mal gewesen. Vielleicht in ein, zwei Jahren mal.“ Und der Belgier Wilmots trainiert die Nationalmannschaft seines Heimatlandes – eines der attraktivsten Auswahlteams Europas.

Würden Schalkes Fans zur Abstimmung gebeten, hätte auch Stuttgarts Retter Huub Stevens beste Karten. Der Routinier ist zwar wieder zu haben, wäre jedoch als Trainer keine Symbolfigur für einen Neustart, eher ein potenzieller Nachfolger für Horst Heldt.

Ein interessanter junger Trainer wäre der gerade mit Paderborn abgestiegene André Breitenreiter. Auch Markus Weinzierl, der den FC Augsburg am letzten Spieltag noch vor Schalke platzierte, gehört in diese Kategorie – warum aber sollte er die Idylle gegen das Chaos tauschen wollen? Auf dem Markt der Möglichkeiten werden auch die Namen Mirko Slomka und Armin Veh gehandelt, beiden allerdings sind eher Außenseiterchancen einzuräumen.

Schalke sucht den Supertrainer: Geboten wird eine weitere Folge der jährlichen Casting-Show.