Kontiolahti.

Der breite Schriftzug auf der großen Anzeigetafel war nicht zu übersehen. „Ääntä Stadionille“ leuchtete da in dicken hellroten Buchstaben auf – der ultimative Aufruf an die Zuschauer, ordentlich Lärm in der Biathlon-Arena von Kontiolahti zu veranstalten. Und das Volk gehorchte: Für hiesige Verhältnisse regelrecht enthemmt brüllte das Publikum die finnische Vorzeige-Skijägerin Kaisa Mäkäräinen dem Zielstrich entgegen. Nicht ganz mit dem gewünschten Erfolg – am Ende fehlte der Frau, die im wenige Kilometer entfernten Joensuu zu Hause ist, eine Sekunde auf Gabriela Soukalova. Doch auch die stets perfekt geschminkte Tschechin hatte sich im Einzel über 15 Kilometer zu früh gefreut.

Denn eine Dreiviertelstunde nach ihr ging mit Startnummer 93 die Russin Jekaterina Jurlowa ins Rennen, blieb bei vier Schießeinlagen als Einzige im 105 Skijägerinnen starken Feld fehlerfrei und somit ohne Strafminute – und schwang sich vor den Branchengrößen Soukalova (ein Fehlschuss) und Mäkäräinen (zwei) zur Weltmeisterin im Klassiker auf. Nach dem Doppelschlag der diesmal pausierenden Französin Marie Dorin-Habert in Sprint und Verfolgung brachten die Titelkämpfe in Nordkarelien also die nächste Überraschungssiegerin hervor: Die 30-jährige Jurlowa, die, als Nummer 61 in der Weltcup-Gesamtwertung angereist, in diesem Winter zuvor nur zwei Weltcups mitgemacht hatte – die beiden letzten vor der WM.

Wegen der Nachwehen eines Bergunfalls im Sommer hatte auch Laura Dahlmeier häufiger ausgesetzt – wenn auch nicht so oft wie Jurlowa, die für sich allein trainiert und bis zu ihrem plötzlichen Sprung in die Weltcup-Mannschaft nicht einmal zur zweiten Garde der russischen Biathleten zählte.

„So perfekt bin ich eben noch nicht“

Solche Zaubereien bringt der DSV nicht zuwege, die Namen der Damen, die den Verband in Kontiolahti vertreten, sind lange bekannt. Speziell jener der 21-jährigen Dahlmeier, die auch im Einzel eine starke Laufleistung zeigte, nach Silber in der Verfolgung mit zwei Schießfehlern sogar das mögliche Gold verpasste und mit 40 Sekunden Rückstand auf Jurlowa Sechste wurde.

„Die Trainer haben mir angezeigt, dass ein bisschen mehr Wind war als beim Anschießen. Ich selbst hab‘ das gar nicht so gemerkt“, beschrieb Dahlmeier die Situation in der Frühphase des Rennens, als sie beim ersten Schießen eine Scheibe stehen ließ. Sie nahm die Sache mit Verweis auf ihr zartes Biathletinnen-Alter aber locker. „So perfekt bin ich eben noch nicht, dass ich immer null schieße.“