Stuttgart. Vorsitzende der Evaluierungskommission entschuldigt sich beim Bundesligisten für den Zeitpunkt der Veröffentlichung. Aber: “Anschuldigungen belegt“.
Der VfB Stuttgart hat sich vergeblich darum bemüht, nach den Doping-Vorwürfen Einsicht in die Akten zu bekommen. "Zu meinem tiefen Bedauern ist es der Kommission nicht möglich, der Öffentlichkeit oder auch nur den betroffenen Fußballvereinen sowie dem Bund Deutscher Radfahrer das Gutachten und die zugrundeliegenden Unterlagen vor der Veröffentlichung im Abschlussbericht zugänglich zu machen", hieß es in einem am Donnerstag vom Fußball-Bundesligisten veröffentlichten Antwortschreiben Letizia Paolis, der Vorsitzenden der Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin.
Der VfB hatte sich zuvor mit einer entsprechenden Bitte an Paoli gewandt. Seit Montag sehen sich die Stuttgarter und der SC Freiburg mit dem Vorwurf konfrontiert, Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre Anabolika bestellt zu haben. Kommissionsmitglied Andreas Singler hatte die Mitteilung ohne Zustimmung seiner Wissenschaftlerkollegen aus dem Gremium veröffentlicht.
Anschuldigungen belegt
Paoli hatte sich unmittelbar danach von der Mitteilung distanziert. Inhaltlich seien die Anschuldigungen aber "nach meiner Kenntnis durch die Akten belegt", schrieb sie in der ersten Reaktion.
Beim VfB Stuttgart entschuldigte sich Paoli in ihrem Brief: "Ich nenne das gerade auch deswegen unverantwortlich, weil das mediale Interesse und die damit verbundenen Spekulationen gerade im Fall des SC Freiburg und VfB Stuttgart, die auf dem 17. respektive 18. Tabellenplatz stehen, deren Konzentration und Mobilisierung aller Kräfte zum Bundesliga-Klassenerhalt sicher nicht zuträglich sind."
Dopingforscher Simon: Aufklärungswille fehlt
Der Dopingforscher Perikles Simon sieht keinen Aufklärungswillen im Antidopingkampf. Gerade im Fußball fehle es an politischer Tatkraft für einen sauberen Sport, sagte Simon dem "Tagesspiegel".
"Es geht darum, nicht auszublenden, dass es dabei um Mitbürger und Mitbürgerinnen geht, die man schützen muss", betonte er. Die Argumentation, dass Doping im Fußball nichts bewirke, hält Simon für falsch. Jeder vernünftige Mensch wisse, dass es eine entsprechende Kondition für Spitzenleistungen brauche.
Grund für das Tabuthema Doping sei, dass niemand das lukrative System Fußball zum Einsturz bringen wolle. So seien beispielsweise auch die Dopingkontrollen im Fußball ineffektiv. Der Fußball müsse dringend seine Selbstreinigungskräfte mobilisieren, forderte Simon: "Es war schon immer so, dass ab einer gewissen Dekadenz auch große Systeme zerbrochen sind."
Der Sportmediziner gehört zur Untersuchungskommission zur Aufarbeitung der Doping-Vergangenheit an der Universität Freiburg. (dpa)