Dortmund. .

Kurz vor Ladenschluss in der Winter-Transferperiode wurde Mats Hummels noch mit Manchester United in Verbindung gebracht. Im Internetzeitalter lassen sich die Wege möglicher An- und Verkaufsbewegungen dieser Art oft nicht exakt nachvollziehen. In diesem Fall konnte aber die englische Daily Mail, die geschrieben hatte, ManUnited wäre gern bereit dazu, 50 Millionen Euro für Dortmunds Kapitän auf den Tisch zu blättern, als Urheber ausgemacht werden. Die Nachricht verbreitete sich global. Ein Wechsel kam bekanntlich trotzdem nicht zustande, so, wie auch jetzt kein Wechsel von Marco Reus zu vermelden ist, obwohl der mit Angeboten bis über die blondierten Haarspitzen hinaus zugeschmissen worden sein soll.

Spekulation: Acht Millionen Gehalt

Offenbar sind Fußballer ernster zu nehmen, als vielfach angenommen wird. Hummels hatte stets betont, er fühle sich wohl und Geld sei für ihn nicht alles. Und über Reus hatte Hans-Joachim Watzke, der BVB-Geschäftsführer, bereits nach den Abschieden von Mario Götze und Robert Lewandowski zu den Bayern kund getan, dass der ganz anders ticke, dass dessen Herz für Dortmund und Dortmunds sportliches Aushängeschild poche.

Am Dienstag war es dann Michael Zorc, der den Bindungskitt, den Herkunft und Werdegang anliefern, als Ursache für den überraschenden neuen Vertragsschluss anführte. Reus habe durch seine Entscheidung gezeigt, „dass sein Herz für seine Heimatstadt und für seinen Heimatverein schlägt“, erklärte der Sportchef des BVB.

Dass der 25-jährige Angreifer mit Weltreputation in Dortmund geboren wurde und erst für Post SV und später für die Borussia spielte, bevor er wegen körperlicher Defizite zu RW Ahlen geschickt und dann über Borussia Mönchengladbach für eine Ablöse von 17 Millionen Euro zurückgeholt wurde, dürfte allerdings nur ein Teilchen des Entscheidungspuzzles sein. Reus verfügte zwar über eine Vertragslaufzeit nur bis 2017 und eine Ausstiegsklausel, die besagen sollte, er könne bei einem Gebot von geschätzten 25 Millionen Euro die Trikotfarben wechseln. Doch in der aktuellen Saison läuft es nicht nur fürs Borussen-Kollektiv, sondern auch für den großen Fußball-Individualisten Reus nicht gut. Im Sommer verpasste er verletzt die WM und damit den Titelgewinn der Nationalelf. Danach versuchte er sich immer wieder am Neustart mit den Revier-Westfalen – und immer wieder wurde sein Motor zwangsgedrosselt durch erneute Blessuren. Auch diese schmerzlichen Erfahrungen und darüber hinaus der massive Rückhalt, den er in der Fahren-ohne-Führerschein-Affäre durch den Klub genoss, dürften seine Bereitschaft zur Unterschrift befördert haben.

Von Geld war am gestrigen Freudentag bei der Borussia keine Rede. Watzke betonte das „Höchstmaß an Identifikation“, das sich durch den Reus-Entschluss ausdrücke, und verkündete: „Marco kann in Dortmund eine Ära prägen.“ Spekuliert wurde in diversen Medien allerdings, dass der Mann, der in 72 Bundesligapartien 34 Treffer für den BVB erzielte, einen mächtigen Gehaltssprung machen würde. Von geschätzten vier Millionen auf acht Millionen Euro. Zu Vertragsinhalten äußerte sich Dortmunds Führung nicht. Doch ein Verein, der einem Akteur mit Topqualitäten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in der kommenden Spielzeit keine Auftritte auf der Renommierbühne Champions League bieten kann, wird wohl generell etwas intensiver als andere aus der Kasse schöpfen müssen, um das zukünftige Karriereloch zu schließen. Und Reus weiß zumindest von der Ära, die Watzke beschwor, heute schon: Erst einmal dürfte ihr der Glanz der Internationalität fehlen.

Signal im Abstiegskampf

Dass der Dortmunder von Geburt in einer „Entscheidung fürs Leben“ (Reus) dem BVB sein Ja-Wort gegeben hat, ist auch unter diesem Gesichtspunkt als lichtstarkes Signal zu werten, vor allem, weil sein Vertrag auch für die Zweite Liga Gültigkeit haben (Watzke beim TV-Sender Sky: „Davon dürfen Sie ausgehen“) und generell ohne Ausstiegsklausel verfasst sein soll. Aber, was auch immer tatsächlich zu Papier gebracht wurde: Der nicht als redefreudig bekannte Reus richtete jedenfalls den Blick gleich nach vorn. Auf den Kampf gegen den Abstieg, der am Freitagabend mit der Heimpartie gegen Mainz fortgesetzt wird: „Es gibt viel zu tun, und da möchte ich kräftig mit anpacken.“

Der BVB ist eben sein Projekt.