Dortmund. . Im Sommer gab es den Stürmertausch: Julian Schieber verließ Dortmund in Richtung Berlin und der ehemalige Herthaner Adrian Ramos kam zum BVB.
Adrian Ramos ist ein Stürmer, der die einfachen Lösungen und klaren Laufwege bevorzugt – auch nach Abpfiff. Stehen in den Stadionkatakomben die Journalisten links, biegt er nach rechts ab. Stehen sie rechts, geht er nach links. Das rhetorische Dribbling vor den Fernsehkameras oder Mikrofonen vermeidet der Kolumbianer in Diensten von Borussia Dortmund komplett. Denn das Deutsch des 28-Jährigen ist auch nach fünfeinhalb Jahren in der Bundesliga noch ausbaufähig, zudem gehört der Neuzugang, der im Sommer von der Berliner Hertha kam, nicht zu den Lautsprechern der Liga.
Auch auf dem Platz spielt der Stürmer bislang eher eine Neben- als eine Hauptrolle, meist sitzt er auf der Bank. 19 Pflichtspiele weist die Statistik zwar aus, die wenigsten davon aber über die volle Distanz – meist wurde er spät eingewechselt. An diesem Samstag steht nun die Rückkehr nach Berlin an (15.30 Uhr/Sky, live im Ticker).
„Ich freue mich darauf, die alten Kollegen wieder zu treffen“, sagt Ramos. Doch ob er auf dem Rasen stehen wird, weiß er noch nicht.
Zuletzt begann meistens Aubameyang beim BVB
Bei der Hertha war das anders, dort war das Spiel komplett auf ihn zugeschnitten – und Ramos dankte es in der vergangenen Saison mit 16 Ligatoren und acht Vorlagen. Auch ein Grund, warum der BVB ihn für rund zehn Millionen Euro bei der Hertha auslöste; gemeinsam mit Ciro Immobile sollte er die Nachfolge des Weltklassestürmers Robert Lewandowski antreten. Einstweilen aber hat Trainer Jürgen Klopp die Frage „Ramos oder Immobile“ mit „Aubameyang“ beantwortet, meist beginnt der Gabuner im Sturmzentrum – auch weil Ramos und Immobile in ihren Leistungen bislang zu schwankend waren.
Der Torgarant ist nicht mehr da
Wenn sich ein Verein sorgenbeladen durch die Saison quält, werden Fans und Medien gerne ungeduldig. Im Fall der unerwartet in die Tiefen der Tabelle abgestürzten Dortmunder Borussia hieß es daher schon: Adrian Ramos und Ciro Immobile – Fehleinkäufe!
Natürlich kosteten die beiden Stürmer viel Geld, natürlich schlugen sie nicht auf Anhieb voll ein. Aber erinnern wir uns doch mal an die Saison 2010/2011: Da war ein gewisser Robert Lewandowski aus Polen gekommen, und auch der hatte seine Startschwierigkeiten. Er zog nämlich auch nicht sofort an der damaligen Dortmunder Sturm-Stammkraft Lucas Barrios vorbei.
Lewandowski aber entwickelte sich beim BVB zu einem Weltklasse-Angreifer, und die beiden Neuen nun an ihm zu messen, ist in höchstem Maße ungerecht. Dass der Torgarant Lewandowski inzwischen für die Bayern spielt, ist ein Teil des Dortmunder Problempakets. Denn in der letzten Phase der Angriffe fehlt nun eine geniale Anspielstation. Beim BVB mag bisher vieles schiefgelaufen sein in dieser Saison, doch für den Abgang des Top-Stürmers können die Borussen nichts. Ihn ohne Qualitätsverlust zu ersetzen, war definitiv unmöglich. Messi und Ronaldo waren nämlich gerade nicht auf dem Markt.
Ein Kommentar von Peter Müller
Klopp nimmt seine Neuzugänge dennoch in Schutz: „Wir haben viele Probleme gehabt, aber unsere Stürmer waren keins“, sagt er. Ganz normal sei es, dass die neuen Angreifer Zeit bräuchten, um sich an das Spielsystem zu gewöhnen. „Adrian Ramos ist fußballerisch ein Riese. Auch sein Tempo und seine Abschlussqualitäten sind sehr gut.“ Als der BVB gegen Hoffenheim (1:0) zuletzt eine zurückhaltendere Herangehensweise wählte und auf viele lange Bälle setzte, durfte Ramos von Beginn an mitwirken – mit seiner Kopfball- und Zweikampfstärke und seinem hohen Laufaufwand ist er wie gemacht für diese Spielweise.
Manager Preetz lobt ehemaligen Dortmunder Schieber
Attribute, die auch Julian Schieber zugeschrieben werden. Doch ihm traute man in Dortmund nicht das zu, was man in Ramos sieht – weshalb Schieber den umgekehrten Weg machte: von Dortmund nach Berlin.
Dort setzt man im Tabellenkeller – Hertha hat mit 14 Punkten ebenso viele wie der BVB – voll auf den bulligen Schwaben. „Julian beschäftigt beide Abwehrspieler permanent. Er arbeitet gut mit und lauert auf seine Chance“, lobt Manager Michael Preetz – es sind genau die Eigenschaften, die auch den Neu-Dortmunder Ramos auszeichnen. „Der Kampf und der unbedingte Wille entscheiden dieses Spiel“, sagt der. Also jene Stärken, die er hervorragend einbringt.
Es ist wohl die stärkste Form der Eigenwerbung, zu der dieser stille Stürmer fähig ist.