Frankfurt. .

Eine gewisse Genugtuung wollten weder Andreas Rettig noch Reinhard Rauball oder Christian Seifert auf dem angestrahlten Podium verbergen. Die Führungstroika der Deutschen Fußball-Liga (DFL) konnte am Donnerstag in einem Sitzungsraum eines Hotels in Frankfurt-Niederrad endlich verkünden, worauf sich der deutsche Profifußball nun im zweiten Anlauf eingelassen hat: Die Torlinientechnologie wird ab Sommer nächsten Jahres in der Bundesliga eingeführt. Das Votum der 18 Erstligisten geriet recht eindeutig: 15 Klubvertreter stimmten zu, drei lehnten ab. Die Nein-Stimmen kamen vom FC Schalke 04, Eintracht Frankfurt und SC Paderborn.

„Wir freuen uns über die klare Entscheidung“, sagte der für den Spielbetrieb zuständige Geschäftsführer Rettig. „Anders als im März konnten wir eine klare Empfehlung aussprechen.“ Zuvor hatte nämlich der Liga-Vorstand nach einer vollzogenen Ausschreibung konkret das Hawk-Eye-System vorgeschlagen, was so viel wie Falkenauge bedeutet. Es soll „nur“ rund 150 000 Euro pro Klub kosten - und ist damit billiger als das bei der WM in Brasilien eingesetzte GoalControl-System.

Rettig sprach von umgerechnet „8000 Euro pro Spiel.“ Würde man die mehr als 10 000 Euro dagegen rechnen, die allein ein Schiedsrichtergespann jeden Spieltag kostet, sei die Anschaffung lohnend. Festgelegt ist bereits, wie das System in der Praxis eingesetzt wird: Der Stadionzuschauer bekommt auf Videowürfeln und –tafeln ein virtuelles Bild zu sehen, der Fernsehzuschauer eine echte Zeitlupe, die den strittigen Ball-Fall aufklärt. Der Schiedsrichter wiederum erhält binnen einer Sekunde auf seiner Uhr ein Signal.

Das Hawk-Eye funktioniert ähnlich wie GoalControl vom deutschen Anbieter aus Würselen – auch hier wird jedes Tor von sieben Kameras erfasst, die den Spielball aus den verschiedensten Winkeln aufnehmen. Vorteil: Das System ist bereits in der Premier League zur Zufriedenheit aller Beteiligten im Einsatz. Die Fehlertoleranz soll unter einem Zentimeter liegen – die Fifa schreibt 1,5 Zentimeter als maximale Abweichung vor.

Noch am 24. März war der erste Entscheid hierzulande mit einer breiten Mehrheit abgeschmettert worden – vor allem die Zweitligisten stimmten mit 15:3 Stimmen dagegen. Wo Rauball damals glaubte, der deutsche Fußball habe eine Grundsatzentscheidung getroffen, irrte der Liga-Präsident. Konnte ja niemand wissen, dass im DFB-Pokalendspiel zwischen Bayern und Dortmund genau sich solch eine Szene ereignet, die nur technische Hilfsmittel zweifelsfrei aufklären können. Also brachte der FC Bayern den erneuten Antrag ein, der nur die erste Liga betraf.

„Die Verweigerung von damals hatte etwas Gutes“, räumte Rettig nun ein. Möglichst soll das System auch in der Relegation zum Einsatz kommen – dafür wären mobile Einrichtungen denkbar. Im DFB-Pokal werden wohl mindestens das Finale in Berlin und die Halbfinals damit bestückt. Rettig erklärte, man sei in enger Abstimmung mit dem DFB. „Je interessanter der Pokal wird, desto vernünftiger muss die Lösung ausfallen.“

Videobeweis weit weg

Der ehemalige Bundesliga-Manager widersprach der Annahme, die Einführung der Torlinientechnologie öffne umgehend die Tür für den Videoschiedsrichter. „Der Videobeweis ist etwas weiter weg auf der Zeitachse.“ Manch Verantwortlicher ist aber vom Fortschritt nicht begeistert: Genau wie Schalkes Manager Horst Heldt („Wir waren dagegen, aus den verschiedensten Gründen“) stimmte auch Eintracht-Vorstandsboss Heribert Bruchhagen ablehnend, „aber ich bringe Verständnis für die veränderten Positionen der Vereine auf, die sich neu entschieden haben.“