Koblenz/Mainz. Ein Blick hinter die Kulissen der Ziehung von „Lotto am Mittwoch“ – der Vorgang dauert weitaus länger als die nur knapp zehnminütige Ausstrahlung im Fernsehen vermuten lässt.

Es ist Mittwoch, 15.30 Uhr. Manfred Meder nimmt einen langen Schlüssel aus einem Tresor im Obergeschoss und geht in den hochwassersicheren Keller der rheinlandpfälzischen Lottozentrale in Koblenz. Hier schließt er einen mannshohen Tresor auf, in dem mehrere verplombte Alukoffer mit Zahlenschlössern stehen. Er greift zwei Koffer. Ihr Inhalt: 49 Kugeln - für die Mittwochsziehung „6 aus 49“ und zehn Kugeln für die Ziehung der Superzahl.

Jeden Mittwoch fährt ein Ziehungsteam aus Koblenz mit den Kugeln zum ZDF-Sendezentrum nach Mainz. Dort werden um kurz vor 19 Uhr die Lottozahlen in einer Live-Sendung gezogen. Danach geht es wieder zurück nach Koblenz. „Das sind ganz normale Tischtennisbälle, die besonders beschichtet sind“, sagt Meder.

Die Kugeln werden besonders geschützt und kontrolliert: Einmal jährlich prüft das Eichamt ihr Gewicht. 3,2 bis 3,3 Gramm wiegen die Kugeln, die für Lottospieler über Millionengewinne entscheiden. Verantwortlich für den ordnungsgemäßen Ablauf der Ziehung ist das Ziehungsteam, das aus einem Ziehungsleiter und zwei Assistenten besteht, die Lotto Rheinland-Pfalz stellt. Hinzu kommt ein Aufsichtsbeamter, der rotierend aus einem der Finanz- bzw. Innenministerien der Bundesländer kommt. Seit der Einführung des Mittwochslottos 1982 sind die Rheinland-Pfälzer für das Gewinnspiel zuständig. Die Kugeln in Mainz zu deponieren, um sich die wöchentliche Anfahrt zu sparen, sei kein Thema. „Wir tragen die Gesamtverantwortung – auch für die Korrektheit der Kugeln“, erklärt Meder.

Für den Fall, dass ein Stau oder Wintereinbruch die pünktliche Ankunft in Mainz gefährden, hält sich in Koblenz ein zweites Ziehungsteam bereit. Es macht sich mit einem weiteren Kofferpaar auf den Weg, wenn sich die Kollegen nicht bis 16.45 Uhr aus Mainz gemeldet haben. Sollte auch dieses Team nicht durchkommen, gibt es beim ZDF ein drittes Team samt Kugelset. Bislang wurden diese Notfallszenarien aber noch nie genutzt.

Probelauf vor der eigentlichen Ziehung 

Manfred Meder ist Prokurist und Personalchef bei Lotto – seit einigen Jahren ist er auch Ziehungsleiter. Er ist der Mann, der ins Bild springen muss, wenn etwas schief läuft. Im Juli 2002 zum Beispiel blieb die Lottotrommel nach der Ziehung der dritten Kugel stehen. In solchen Fällen muss der Ziehungsleiter vor einem Millionenpublikum „ruhig und sachlich“ im Gespräch mit der Lottofee erklären, dass alle bis zur Panne gezogenen Zahlen gültig sind. Das wird vorher geübt. „Alle Ziehungsleiter machen regelmäßig Pannenproben“, sagt Meder, der beteuert, dass ihm solche Situationen keine Angst machen. „Aber ich brauche diesen Kick nicht unbedingt“, fügt Meder hinzu, der auch selbst Lotto spielt, aber noch nie mehr als vier Richtige hatte.

Kurz nach 17 Uhr ist Redaktionsbesprechung im Studio 2. Danach beginnt eine Probeziehung mit falschen Kugeln, die alle – um Verwechselungen mit der richtigen Ziehung auszuschließen – die Zahl 50 tragen. Die richtigen Kugeln stehen noch in ihren Koffern verpackt im Studio. Ein Sicherheitsmann lässt sie nicht aus den Augen. Nur wenige Meter entfernt von der Lottofee sitzt Manfred Meder – für den Zuschauer unsichtbar – an einem Tisch.

Sicherheitsmann, Ziehungsassistentin und Aufsichtsbeamter passen auf

Neben ihm bedient Ziehungsassistentin Godelieve Klich die Knöpfe für das Ziehungsgerät. Daneben protokolliert der Aufsichtsbeamte – dieses Mal Thomas Frey aus dem Saarland – die gezogenen Zahlen. Der dritte Mann aus dem Koblenzer Ziehungsteam, Assistent Adolf Hornberger, überwacht im Regieraum, dass die Zahlen richtig in einen Computer eingegeben werden, um sie dann dem Zuschauer auf dem Bildschirm zu präsentieren.

Um 17.45 Uhr macht Hornberger den Koffer auf und setzt unter den Augen des Ziehungsleiters die richtigen Kugeln ein. Meder wirft einen prüfenden Blick auf die Geräte. Um 18.35 Uhr wird die Ziehung zum Spiel 77 aufgezeichnet. Dieses Gerät wird samt Kugeln im Sendezentrum in Mainz aufbewahrt. Ziehungsleiter Meder moderiert die Ziehung, um zu dokumentieren, dass alles mit rechten Dingen zuging.

Die Lottofee tippt auch mit

Die Zuschauer bekommen später nur die Zahlen präsentiert. Um 18.49 Uhr wird es ernst für „Lotto am Mittwoch“: Vor ihrem Auftritt gibt die Lottofee ihren persönlichen Tippschein noch schnell in die Obhut von Godelieve Klich. Zwei Minuten später erklärt sie vor laufender Kamera, dass das Ziehungsteam sich von dem ordnungsgemäßen Zustand des Gerätes und der Kugeln überzeugt hat – die Ziehung beginnt. Um 18.56 ist die Sendung beendet.

Lottofee Heike Maurer stellt fest, dass sie keinen Millionengewinn hat. „Über drei Richtige bin ich nie hinausgekommen“, lacht sie. Assistent Hornberger sammelt die Kugeln ein und verschließt sie im Koffer. Unterdessen vervollständigt der Aufsichtsbeamte ein vorbereitetes Protokoll und besiegelt es mit einem Stempeldruck. Eine Ausfertigung behält der Beamte – das andere Exemplar nimmt das Ziehungsteam mit nach Koblenz. Von dort aus werden die Zahlen in ganz Deutschland verteilt. Am Freitag erfahren die Tipper, wie hoch die Quoten in den einzelnen Gewinnklassen sind. Da sind die Kugeln schon lange wieder an ihrem sicheren Platz in Koblenz: Gegen 20 Uhr schließt Assistent Hornberger sie wieder im Tresor ein.