Die Sportstiftung NRW fördert Zwillingskarrieren von Sport und Beruf.
Ruderin Alexandra Höffgen verfolgt zwei große Ziele: die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio und ein reibungsloser Berufseinstieg nach dem Studium. Bei beidem unterstützt die Sportstiftung NRW die Sportlerin im Rahmen ihres Leuchtturmprojekts Zwillingskarriere, die Alex bei der Westnetz GmbH gestartet hat. Die Anforderungen sind hoch. Der Nutzen allerdings auch – für die Ruderin und das Unternehmen.
Leistungssportler haben es jenseits der Sportarten, wo die gut dotierten Verträge warten, nicht immer leicht. Neben dem umfangreichen Training von etwa 20 Stunden pro Woche studieren die meisten und jobben nebenbei, um den Lebensunterhalt finanziert zu bekommen. Nur wer schon zu den Besten der Besten gehört, kann Geld aus der Bundesförderung der Stiftung Deutsche Sporthilfe bekommen. Nachwuchsathleten oder Sportler, die noch auf dem Weg in die Weltspitze sind, gehen zumeist leer aus. Doch auch die müssen natürlich Essen und Miete bezahlen – weshalb viele, die durchaus das Potenzial für eine Teilnahme an Olympischen Spielen hätten, das Wagnis Leistungssport frühzeitig beenden und sich der beruflichen Perspektive widmen.
Talentförderung und Berufsbegleitung
In Nordrhein-Westfalen versucht die Sportstiftung NRW als bundesweit größte Initiative eines Landes, dem Leistungssport die talentiertesten Nachwuchstalenten zu erhalten. Doch mit einer finanziellen Förderung als ein Zuschuss zum täglichen Bedarf allein sieht die Stiftung ihre Aufgabe nicht erfüllt. Mit dem Projekt „Zwillingskarriere“, einer besonderen Form der Dualen Karriere im Sport, möchte die Stiftung jungen Sportlern helfen, sich schon während der aktiven sportlichen Laufbahn berufliche Perspektiven für die Zeit nach dem Karriereende zu erarbeiten.
„In meinen Augen ist das der einzig gangbare Weg, in Deutschland den Spitzensport zu fördern. Wir können nicht alle Spitzensportler bei der Bundeswehr parken oder sie mit Stipendien während des Studiums unterstützen. Und dann, wenn Sportkarriere und Studium zu Ende sind, vor dem Nichts stehen lassen“, skizziert Jürgen Brüggemann, Geschäftsführer der Sportstiftung NRW, die verbreitete Realität im Leistungssport.
Stattdessen müsse schon während der Sportkarriere Vorsorge getroffen werden, dass die Athleten die Chance bekommen, relevante Berufspraxis zu sammeln und sich – im Idealfall – schon für einen Arbeitsplatz bei einem konkreten Unternehmen empfehlen. „Wenn ich damit erst nach Karriereende anfange, ist es meist schon zu spät. Mit anderen Worten: Wir müssen den Sportlern ihre Zukunftsängste nehmen, denn die sind sicher alles andere als leistungsfördernd“, sagt Brüggemann.
Zwillingskarriere
Wie das in der Praxis aussehen kann zeigt das Beispiel der Ruderin Alexandra Höffgen (24). Im August 2017 hat sie auf Vermittlung der Sportstiftung NRW ihre „Zwillingskarriere“ bei der Westnetz GmbH mit einem dreimonatigen Praktikum begonnen. Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen soll sie, so sieht es der langfristig zwischen der Westnetz GmbH, der Sportstiftung NRW und der jungen Athletin vereinbarte Plan vor, zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio bringen und gleichzeitig das Feld für ein geregeltes Berufsleben bestellen, das ihrer Qualifikation als Maschinenbau-Studentin entspricht.
Aus sportlicher Sicht lief es seinerzeit nicht so gut, wegen eines Bandscheibenvorfalls musste die damals 23-Jährige die letzte Saison abbrechen. „Das ist natürlich bitter. Aber gerade in solchen Phasen wollen wir Sportler unterstützen, damit sie gar nicht erst in ein Loch fallen“, sagt Brüggemann. „Und der Zeitpunkt war günstig, so konnte sie direkt in das dreimonatige Praktikum starten, was sonst gar nicht möglich gewesen wäre.
„Das Praktikum war sehr spannend und hat mir fachlich viele interessante Einblicke beschert“, sagt die Ruderin. Die sich offenkundig von ihrer besten Seite gezeigt hat – denn inzwischen hat sie einen Werkstudentenvertrag und arbeitet regelmäßigt in der Westnetzzentrale in Dortmund. Auch örtlich eine prima Sache – vom Hochhaus zum Trainingsstützpunkt am Dortmund-Ems-Kanal sind es gerade einmal knapp neun Kilometer.
Erstmalig gemeinsamer Vertrag
Bereits rund 60 Sportlerinnen und Sportler konnte die Sportstiftung NRW in den vergangenen Jahren an Unternehmen vermitteln. Dazu pflegt die Stiftung die eigens dazu von ihr ins Leben gerufene Community Wirtschaft und Leistungssport, der inzwischen knapp 100 Unternehmen angehören. „Neue Partner sind uns natürlich immer willkommen“, sagt Brüggemann.
Im Fall von Alexandra Höffgen hat die Stiftung erstmals einen gemeinsamen Vertrag mit dem Unternehmen und der Sportlerin geschlossen. Kein Arbeitsvertrag im herkömmlichen Sinne, sondern vielmehr eine Absichtserklärung, welche die vereinbarten Inhalte der Zwillingskarriere bündelt. Einer davon ist die gemeinschaftliche finanzielle Unterstützung der Sportlerin – das Unternehmen verdoppelt jeden Euro, den die Stiftung gibt. Auch das ist ein wichtiger Baustein, denn Miete und Essen muss auch Alex Höffgen bezahlen.
Die Sportstiftung NRW
Die Sportstiftung NRW mit Sitz in Köln ist die bundesweit größte Initiative eines Landes zur Förderung des olympischen und paralympischen Nachwuchses. Im Schwerpunkt unterstützt sie Athleten individuell und ganzheitlich beim Übergang vom Landes- zum Bundeskader. Zahlreiche Olympiateilnehmer der Sommer- oder Wintersportarten haben von der Förderung der Stiftung profitiert oder tun es noch. Außerdem fördert die Sportstiftung NRW zusätzliche Fachkräfte im Leistungssport, Trainer im paralympischen Sektor und sie entwickelt sportartübergreifende Strukturen an den Zentren des Leistungssports in NRW, dabei profitiert die Stiftung vom Lotto-Prinzip. Weitere Informationen finden Sie online auf www.sportstiftung.nrw