Schloss Drachenburg, Juwel der Rheinromantik und Top-Touristenattraktion in NRW, lässt sich jetzt auch per Lausch-App erkunden.

Es ist ein Samstag, wie er in diesem Sommer nicht schöner sein könnte. Blauer Himmel, die Sonne lacht und ein leichter Wind spielt mit dem Kleid der Braut. Auf der Venusterrasse hat sich die Hochzeitsgesellschaft auf der Freitreppe zum Fototermin aufgestellt. Flankiert von zwei imposanten goldenen Hirschen. Im Hintergrund das mit Zinnen, Erkern und Türmchen überreich dekorierte Schloss, im Vordergrund die Parkanlage, die grüner, bunter und gepflegter nicht sein könnte. So sieht sie aus, die Märchenkulisse für eine Traumhochzeit.

Doch Träume und Märchen sind auf Schloss Drachenburg nicht für Frischvermählte reserviert. Und so gesellen sich zu der Festgesellschaft Besucher aus aller Welt, die das Neuschwanstein am Rhein an diesem schönen Tag erkunden wollen. 200 000 kommen jedes Jahr.

Märchenschloss in Rekordzeit

Schloss Drachenburg liegt auf halber Höhe des meistbestiegenen Bergs Europas, dem Drachenfels in Königswinter. Hier soll einst der Drachentöter und Nibelungenheld Siegfried die Bestie Fafnir erschlagen haben. Der britische Dichter Lord Byron und sein deutscher Kollege Heinrich Heine haben den sagenumwobenen Fels mit der Burgruine beschrieben und damit der Rheinromantik des 19. Jahrhunderts ein literarisches Denkmal gesetzt. Wer damals auf sich hielt, reiste an den Rhein oder baute gar eine Villa im Stil einer Burg hoch über dem Strom.

So auch der aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Bonner Stephan von Sarter, der mit Spekulationen rund um den Suez-Kanal reich geworden war. Zwischen 1882 und 1884 ließ er in Rekordzeit sein Märchenschloss bauen. Mit seinem Stilmix ist Schloss Drachenburg ein Musterbeispiel für die Bauweise des Historismus. König Ludwig II., der Erbauer Neuschwansteins, wäre begeistert gewesen.

Goldener Rolls Royce und Fantasieuniformen

Dennoch hat von Sarter seine Fantasie-Ritterburg nie bewohnt. Nach seinem Tod 1902 hatte das Anwesen zunächst mehrere private Eigentümer, bevor es zur Internatsschule und unter den Nazis zur Kaderschmiede wurde. Ab 1953 war das Land Nordrhein-Westfalen Eigentümer des langsam verfallenden Ensembles, bis 1971 der Godesberger Textilfabrikant Paul Spinat für 500 000 D-Mark die Drachenburg kaufte, finanziert mit einem Bausparvertrag. Ihm ist es zu verdanken, dass das Juwel der Rheinromantik nicht der Abrissbirne zum Opfer fiel.

Spinat suchte eine Traumkulisse für seinen exzentrischen Lebensstil. Fuhr im goldfarbenen Rolls-Royce vor, kleidete sich in Fantasieuniformen und ließ in der Kunsthalle des Schlosses eine Freitreppe einbauen, die ins Nichts führte. Dort empfing er seine Gäste. Darunter auch Andy Warhol, der die Vorburg in einem seiner Werke verewigte. Spinat liebte die große Bühne und gab seinem staunenden Publikum „Konzerte“ auf einer Orgelattrappe. Und er nahm es beim Wiederaufbau des Schlosses nicht so ganz genau mit der historischen Vorlage.

Mehr als 30 Millionen Euro Sanierungskosten

So ließ er beschädigte Malereien von dem Kölner Künstler Peter Tutzauer überarbeiten. Und der „war ganz offenkundig ein Kind der Hippie-Ära. So darf man sich nicht darüber wundern, wenn die Haartracht des edlen Recken Giselher im Nibelungensaal der Drachenburg mit Afrolook, Schnauzbart und Koteletten ein wenig an einen germanischen Jimi Hendrix erinnert.“

So jedenfalls kann man es auf der Homepage der NRW-Stiftung lesen, die 1989 Schloss Drachenburg übernahm. „Wenn wir geahnt hätten, was auf uns zukommt, wäre die Entscheidung vielleicht gegen den Kauf der Ruine für acht Millionen Mark gefallen“, sagte der damalige Präsident Jochen Borchert. Tatsächlich sind über 30 Millionen Euro in die Sanierung geflossen. Ziel war es, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen. „Schloss Drachenburg ist zu einem Identifikationspunkt für die ganze Region geworden und spielt in der Top-Liga der Sehenswürdigkeiten in Nordrhein-Westfalen“, sagt Drachenburg-Geschäftsführer Joachim Odenthal.

Erklär-App in sechs Sprachen

Und was gibt es zu sehen? Die Schlossräume sind mit historischen Möbeln eingerichtet und geben einen Einblick in die hochherrschaftliche Wohnkultur des späten 19. Jahrhunderts. Beispielsweise im Ehrenfremdenappartement mit Eisbärfell als Bettvorleger und einem Bad mit schwindelerregender Aussicht auf den Rhein. Das Speisezimmer ist mit üppigen Schnitzereien und Jagdszenen ausgestattet, im Nibelungenzimmer prangen die Helden des Epos an der Wand und das Kneipzimmer – Treffpunkt feuchtfröhlicher Herrenrunden – schmücken freizügige Bacchus-Darstellungen. Prunk und Pracht in allen Räumen, schöner Wohnen in gründerzeitlichem Ambiente. Und der Musiksaal mit der Orgel-Attrappe wird heute als Außenstelle des Standesamtes Königswinter genutzt.

Schloss Drachenburg hat sich in fast 130 Jahren immer wieder gewandelt. Und so wundert es nicht, dass sich die Besucher das Schloss seit diesem Jahr mit einer kostenlosen Lausch-App in sechs Sprachen erklären lassen können. Mit spannenden Infos zu jedem Raum. Und damit nicht genug. Schon bald will man eine 3-D-Simulation fürs Smartphone anbieten, die auch unzugängliche Bereiche erlebbar machen soll.

Ob es sich dann überhaupt noch lohnt, zu Fuß, auf dem Rücken eines Esels oder per Zahnradbahn die Drachenburg zu besuchen? Für Odenthal ist das keine Frage. „Die neuen technischen Möglichkeiten machen Appetit, doch den Zauber der Romantik kann man nur vor Ort erleben.“ Das Brautpaar kann das sicher bestätigen.

Weitere Informationen: www.drachenburg.de

>>> Das Lotto-Prinzip

Denkmalschutz, Sport oder Kultur – dies und viel mehr wird von der NRW-Stiftung finanziell unterstützt. Die Stiftung selbst profitiert dabei vom Lotto-Prinzip: Denn rund 40 Prozent der Spieleinsätze überweist Deutschlands größter Lotterieveranstalter Westlotto an das Land NRW. In den vergangenen Jahrzehnten sind auf diese Weise bereits mehr als 27 Milliarden Euro in Nordrhein-Westfalen ins Gemeinwohl geflossen, 2017 allein rund 628 Millionen Euro.

www.westotto.de/lotto-prinzip