Essen. Verfolgungsszenen oder Angst vor der Prüfung: Manche Träume kennt fast jeder, oft hat man sie immer wieder. Was steckt eigentlich dahinter? Und was bewirken Tagträume?
Wieder steht die mündliche Abiprüfung in Mathe vor der Tür und sie weiß wieder ganz genau: Sie wird durchfallen. Zu groß sind die Lücken, die sich im Laufe der Monate aufgebaut haben. Keine Chance. Doch dann schreckt sie aus dem Traum. Das Abitur ist schon 28 Jahre her. Caroline Nowak ist heute erfolgreiche Immobilienkauffrau und immerhin erhielt sie damals sogar noch vier Punkte in Mathe. Dennoch wiederholt sich dieser Traum ständig. Weitere Klassiker des nächtlichen Kopfkinos sind, das Verfolgt werden oder Zuspätkommen.
Warum träumen wir? Was passiert in meinem Gehirn, wenn ich einen Albtraum habe? Diesen und vielen anderen Fragen geht Michael Schredl auf den Grund. Er ist Traumforscher und Leiter des Schlaflabors des Mannheimer Zentralinstituts für seelische Gesundheit. Oft erinnert man sich nur an die negativen oder wirren Träume.
In der Antike galten Träume als Offenbarungen der Götter. Später deutete Sigmund Freud sie als Botschaften des Unbewussten. Was sagen Träume über uns aus? Der Fachmann erklärt es so: „Die Forschung zeigt klar, dass wir von dem träumen, was uns wichtig ist. Allerdings nicht eins-zu-eins. Wenn beispielsweise die Mutter im Traum auftaucht, heißt das nicht, dass es um die Mutter geht.“
Wie geht man vor, wenn man mehr darüber erfahren will? Der Forscher bevorzugt die Idee der sogenannten Grundmuster. „Das bedeutet, schauen, was im Traum erlebt wird und wie gehandelt wird. Wenn man etwa im Traum mit der Mutter streitet, geht es möglicherweise nicht um ein konkretes Thema mit ihr, sondern um die allgemeine Fähigkeit, sich konstruktiv zu streiten. Möglicherweise ausgelöst durch eine Auseinandersetzung mit einem Kollegen.“ Und dann geht es konkret weiter: „Spannend ist die Idee, mittels der Vorstellung im Wachzustand zu erarbeiten, wie man konstruktiver mit der Traumsituation hätte umgehen können.“ Alles also gar nicht so schlimm. Denn hinter einem Traum verbirgt sich eben ein ganz bestimmtes inneres Gefühl.
So zeigen Verfolgungsträume an, dass es ein Thema gibt, das man am liebsten vermeiden würde. Bei Fallträumen geht es um die Angst, die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren.
Wie kann man schlimme Träume, zum Beispiel Verfolgung oder Fallen in den Abgrund, in den Griff bekommen? „Die Träume werden aufgeschrieben oder gezeichnet“, sagt Schredl. So könne man eine Lösung für den bösen Traum finden. Doch können Träume auch Chancen bieten? Wie verhält es sich mit Tagträumen? Genie Albert Einstein, der Regisseur Woody Allen und die Autorin Joanne K. Rowling waren, und sind nicht nur bekennende Fans des Tagträumens. Nach eigenen Angaben verdanken die Drei diesen gar ihre besten Ideen. Tagträume sind demnach in erster Linie eine Art Ausgleichsmechanismus des Gehirns, der dafür sorgt, dass die körpereigenen Ressourcen und Kapazitäten richtig genutzt werden. Ein Tagtraum vom Lottogewinn, Traumurlaub oder einer Beförderung als Ausgleich im stressigen Alltagsleben. Kann das funktionieren? Das Ausdenken und Vorstellen von neuen Bewältigungsstrategien im Wachen sei ein sehr gutes Übungsfeld und eine Strategie, um bösen Träumen entgegen zu wirken, meint Schredl.
Wie wird man eigentlich Traumforscher? Welchen Stellenwert hat diese Wissenschaft in unserer Gesellschaft? „Traumforschung ist ein sehr kleines Gebiet der akademischen Psychologie und weist naturgemäß eine Nähe zur Schlafforschung und Schlafmedizin auf. So bin ich über mein Interesse an Träumen an eine Stelle im Schlaflabor gekommen“, erläutert Schredl.