Essen. Seit über 170 Jahren begeistert der KMGV mit Musik und Schauspiel. Das aktuelle Stück „Janz schön jeheim“ ist noch bis zum 9. Februar zu sehen.
In Köln feiert man sich gerne selber – für ihre Bescheidenheit sind die Domstädter nicht gerade berühmt. Aber manches ist in Köln eben einfach anders: Ein Männerchor zum Beispiel singt üblicherweise sein Programm und gibt Konzerte. Dem Kölner Männer-Gesang-Verein (KMGV) reicht das allerdings nicht, er ist über die Stadtgrenzen hinaus durch seine „Bühnenspielgemeinschaft Cäcilia Wolkenburg“ bekannt und nennt mit der „Wolkenburg“ einen der attraktivsten Gastronomiestandorte Köln sein eigen.
Aber der Reihe nach: Der Kölner Männer-Gesang-Verein ist einer der ältesten Vereine in der Domstadt. 2017 feiert er sein 175-jähriges Bestehen. In Vorbereitung auf das große Jubiläum im nächsten Jahr wird alles getan, um dem guten Ruf des Traditionsvereins gerecht zu werden. Die „Wolkenburg“, eine stattliche Immobilie, in der der KMGV seit 1960 (nach dem Wiederaufbau des völlig zerstörten Gebäudes) zuhause ist, erhält eine aufwändige Küchensanierung. Es ist der letzte Schliff, der dem Schmuckstück zur Perfektion vielleicht noch fehlt. Damit wird der Prachtbau im Herzen von Köln Ende 2016 endgültig zum wohl modernsten Gesellschaftshaus in der Domstadt. Bankette, Empfänge, Betriebsfeste und Familienfeiern – die „Wolkenburg“ gehört zu den ersten Adressen für Veranstaltungen jeglicher Art.
Nachwuchssorgen? Fehlanzeige
Donnerstags ist der große Saal allerdings reserviert – dann treffen sich die Sänger zur Chorprobe. Der Kölner Männer-Gesang-Verein ist einer von rund 3000 Chören, der im ChorVerband NRW organisiert ist, der finanziell unterstützt wird, beispielsweise auch durch die Lotteriegelder von Westlotto. Von den über 600 Mitgliedern des KMGV sind etwa 200 aktive Sänger, 140 bis 150 nehmen an den wöchentlichen Proben teil. Der jüngste ist 19, der älteste 90 Jahre alt – ein Querschnitt durch die Bevölkerung. Alle möglichen Berufsgruppen, vom Studenten über den Handwerker bis hin zum Akademiker, sind vertreten. Der Kölner Männer-Gesang-Verein ist einer von rund 3000 Chören im ChorVerband NRW, der finanziell unterstützt wird, beispielsweise auch durch die Lotteriegelder von Westlotto.
Herkunft und Job spielen keine Rolle für die Sänger! Es geht darum, gemeinsam zu singen und das Kölsche Brauchtum zu pflegen. Nachwuchssorgen? Ein Fremdwort. Jedes Jahr werden 20 bis 25 Neu-Sänger aufgenommen, die sechs Monate die Chorschule durchlaufen und eine Aufnahmeprüfung ablegen müssen, in der ihre stimmliche Eignung festgestellt wird. Dann steht der Teilnahme am Höhepunkt des Jahres nichts mehr im Weg: dem großen Konzert in der Philharmonie!
Auch schauspielerisches Talent ist gefragt
Singen ist das eine – schauspielerisches Talent das andere, das gefragt ist. Die „Bühnenspielgemeinschaft Cäcilia Wolkenburg“ ist ein traditionsreicher Bestandteil des KMGV. Und das seit 162 Jahren. Eine kleine Gruppe der Sänger hatte 1874 die Idee, über das übliche Repertoire des Chores hinaus in der Karnevalszeit ein parodistisches kölsches Theaterstück zum Besten zu geben. Die zur Handlung gehörenden Frauenrollen wurden dabei in der Tradition alter Opern von Männern besetzt. Das ist bis heute so – ohne Männerballett gibt es kein „Divertissementchen“ – wie das Bühnenspiel genannt wird. Und das hat selbst in Köln gar nichts mit Travestie zu tun!
Aktualität und Ironie
Bis heute lockt das „Divertissementchen“ jährlich Tausende Zuschauer von nah und fern an. In der Spielpause der städtischen Bühnen zur Karnevalszeit bietet die „Cäcilia Wolkenburg“ mit ihrem „Divertissementchen“ (wörtlich übersetzt „Zwischenspiel“) kölsches Musiktheater vom Feinsten: Die Missstände in der Stadt im zurückliegenden Jahr werden in eine Oper verpackt – das alles in rheinisch-kölscher Mundart. So ist es Tradition.
Aber das „Zillche“, wie die Kölner ihr Divertissementchen liebevoll nennen, hat sich auch weiterentwickelt. Nicht nur Oper und Operette, auch Musical, Volksmusik, Schlager und sogar Rock’n’Roll-Anteile finden sich heutzutage in den Darbietungen. Und – das ist ganz wichtig – im Mittelpunkt jedes Stücks steht immer eine Romeo und Julia-Geschichte! Etwas fürs Herz gehört einfach dazu!
„Janz schön jeheim“ heißt das aktuelle Bühnenspiel – die NSA spioniert in Kölle! „Von Köln und dem Humor geht eine Gefahr für den Weltfrieden aus!“ Rund 100 Darsteller singen, tanzen und spionieren sich durch die Aufführung. Das Publikum ist begeistert – die Kölner lieben ihr „Zillche“ einfach – auch wenn die Auftritte in diesem Jahr auf der „schäl Sick“, der rechten Rheinseite Kölns, stattfinden müssen, weil das Opernhaus nicht fertig geworden ist. Aber das ist ein anderes Thema, dessen sich die Bühnenspielgemeinschaft Cäcilia Wolkenburg vielleicht im nächsten Jahr annehmen wird.
Info: Aufführungen des aktuellen Stücks „Janz schön jeheim“ gibt es noch bis zum 9. Februar im „Weißen Zelt“ auf dem Barmer Platz in Köln-Deutz.