Essen. Die Innenminister der Länder wollen ein baldiges Verbot von "Killerspielen" bewirken. Seit Jahren steht der Shooter Counter-Strike in der Schusslinie. Christoph Krämer (24) ist professioneller Spieler. Sein Team n!faculty aus Köln gehört zu den besten Counter-Strike-Mannschaften des Landes
Wie wird man zum professionellen Counter-Strike-Spieler?
Krämer: Ich spiele Counter-Strike seit acht Jahren. Eigentlich habe ich früher Kart-Sport betrieben. Ein Kumpel hat mir dann das Spiel gezeigt – und ich bin hängen geblieben.
Gehörten Computerspiele schon früh zu Deinen Hobbys?
Krämer: Nein, eher weniger. Ich habe früher relativ wenig gespielt. Zunächst waren es meistens Strategiespiele. Erst später kamen Ego-Shooter und taktische Spiele dazu.
Ego-Shooter stehen immer wieder in der Kritik. Oftmals wird dann Counter-Strike genannt.
Krämer: Counter-Strike wird häufig angegriffen, weil es das beliebteste Online-Spiel neben World of Warcraft ist. Obwohl es bei World of Warcraft auch Gewalt gibt, trifft die Kritik immer Counter-Strike. Das hat sicher damit zu tun, dass dort unmittelbar eine Waffe zu sehen ist.
Warum gilt Counter-Strike als Paradebeispiel für ein „Killerspiel“? Schließlich gibt es mittlerweile Spiele, die Gewalt viel deutlicher darstellen.
Krämer: Counter-Strike ist rund zehn Jahre alt, das sieht man auch in den Darstellungsmöglichkeiten der Grafik. Einen Teil würde ich darauf schieben, weil das Spiel so populär ist. Dabei gibt es Games, die viel gewalttätiger sind. Der komplette taktische Teil bei Counter-Strike wird leider komplett vergessen. Da schaut man einfach: Was spielt der Junge von nebenan? Okay, da sieht man eine Waffe – und schon ist die Sache klar.
Mangelt es an Aufklärung in der Öffentlichkeit, was Computerspiele und speziell elektronischen Sport angeht?
Kärmer: Ich denke schon. Das ist bei meinen Eltern auch so. Die denken auch, dass ich mit meinen Freunden vor dem PC sitze und einfach nur Baller-Games spiele. Seit es bei mir im eSport erfolgreicher läuft, erkennen sie schon, dass es eben nicht so ist. Aber oftmals brennt sich ein, was man im ersten Moment sieht. Und das ist bei Counter-Strike nun einmal eine Waffe. Wer selber einige Wochen das Spiel ausprobiert, der sieht, dass die Waffe sekundär ist. Wenn man mit fünf Leuten gemeinsam antritt, muss man gemeinsame Spielzüge einstudieren. Das ist Teamwork. Darauf kommt es an.
Trotzdem sind Spieltage der Bundesliga für Computerspiele in Stuttgart und Nürnberg nach dem Amoklauf von Winnenden abgesagt worden. Auch in Karlsruhe findet die eSport-Veranstaltung "Intel Friday Night Game" nicht statt.
Krämer: Wenn man Spiel verbieten möchte, die einen aggressiv machen, dann setzt man bei Counter-Strike an der völlig falschen Stelle an. Ich kenne keinen, der durch Counter-Strike aggressiv geworden ist. Aber eine Diskussion darüber kommt leider nicht zustande. Es ist eine andere Generation, die Sachen zu entscheiden hat. Diese Leute haben früher nicht mit Computern und Konsolen gespielt. Es fehlt die Erfahrung, um zu erkennen, worauf es bei einem Spiel ankommt.
Das klingt nach viel Arbeit. Wie entwickelt sich der elektronische Sport?
Krämer: Bis zur Wirtschaftkrise sehr gut – doch der eSport funktioniert maßgeblich durch das Marketing. Somit war die Wirtschaftskrise ein großer Einschnitt. Die Teams sind von den Sponsoren abhängig. Die Reisen zu den Turnieren im Ausland kosten leider eine Menge Geld.
Welche Erfolge konntest Du bisher im eSport sammeln?
Krämer: Ich konnte bei Turnieren in San José, London oder Bilbao antreten. Mein größter Erfolg war die doppelte Vize-Meisterschaft in Deutschland. Vielleicht schaffen wir es ja in dieser Saison zum Titel. National sind wir vorne mit dabei. International, da ist der große Sprung noch nicht drin.
Gibt es für einen Spieler beim elektronischen Sport Vorbilder?
Krämer: Sicher! Die Begegnungen werden regelmäßig live im Internet übertragen. Dort verfolgt man schon die Begegnungen der internationalen Top-Spieler und schaut, was man sich abgucken kann. Wenn Ronaldo beim Fußball einen Übersteiger macht, möchte man das ebenfalls können. So etwas gibt es auch bei Counter-Strike.
Dein Team n!faculty besitzt das erste eSport-Vereinsheim in Deutschland. Ist das ein weiterer Schritt zur Professionalisierung des eSports?
Krämer: Das Vereinsheim ist für alle Spieler eine gute Trainingsmöglichkeit. Andere Teams müssen dafür Internet-Cafés anmieten. Das Vereinsheim ist mehr als nur eine Trainingsstätte. Es bestehen Übernachtungsmöglichkeiten und man kann gemeinsam speisen. Dort können auch Eltern und Lehrer Tagungen abhalten. Der Verein versucht schon, die Meinung in der Öffentlichkeit über eSport zu beeinflussen.
Das Gespräch führte Dirk Hein
- Absage nach Kritik: Kein Counter-Strike in Karlsruhe
- ESL-Chef Reichert: Counter-Strike ist kein Killerspiel
- Intel Friday Night Game in Karlsruhe abgesagt
- Counter-Strike: Alternate gewinnt Krimi in Bochum
- Fotostrecke: Sexy eSport
"Taktischer Teil bei Counter-Strike wird oft vergessen"
