Essen. Das am Dienstag für PlayStation und Xbox erscheinende “GTA V“ ist in der Unterhaltungsbranche einzigartig, nicht nur unter Videospielen: 250 Millionen Dollar Entwicklungskosten, mindestens 1,5 Milliarden Dollar Einnahme-Erwartung und der geplante Verkauf von 25 Millionen Exemplaren sind beispiellos.
Auf einem Trödel im Sauerland haben sie sich am Sonntag fast um die letzten DVD geprügelt. Weil ein Händler – verbotenerweise, aber sehr gewinnbringend – ein paar Hundert Exemplare eines neuen Videospiels verkaufte. Rund 30 Prozent teurer als der Ladenpreis aber dafür zwei Tage vor der offiziellen Veröffentlichung. Das zeigt: in Deutschland grassiert das Grand Theft Auto V-Fieber.
Im Rest der Welt allerdings auch. Angeblich hat die Entwicklung des neuen GTA mehr als 250 Millionen Dollar verschlungen. Kein Spiel war je teurer, und nur ein Film hat mehr gekostet: Fluch der Karibik 3 (300 Millionen Dollar). Für die GTA-Entwickler bei Rockstar ist das aber offenbar kein Grund zur Sorge. Schließlich gab es im Gegenzug knapp drei Millionen Vorbestellungen – mehr als die Konsolenversionen von Call of Duty: Ghosts und Battlefield 4 zusammen verbuchen können. Und das sind schließlich auch keine Unbekannten.
Die teuersten Games aller Zeiten
Das Spiel soll mindestens 1,5 Milliarden Dollar einspielen
Experten gehen davon aus, dass die Gangster-Simulation in den kommenden Monaten mindestens 1,5 Milliarden Dollar in die Firmenkasse von Rockstar spülen wird und dass sich das Spiel insgesamt rund 25 Millionen Mal verkauft. Gewinne, die Filme schon lange nicht mehr schaffen. Von Büchern wollen wir hier gar nicht erst reden.
Rockstar hat die meisten dieser Zahlen offiziell weder bestätigt noch dementiert. Überhaupt hat die Firma sich im Vorfeld recht bedeckt gehalten, war offiziell weder auf der E3 in Los Angeles noch auf der Kölner Gamescom vertreten. Nur hinter verschlossenen Türen wurden ausgewählten Medien Einblick in Spielwelt gewährt, in der sich erstmals nicht nur einer, sondern gleich drei Charaktere steuern lassen. Da ist Michael, der alternde Bankräuber, Trevor, der psychopatische Junkie und Franklin, der cholerische Schuldeneintreiber. Alle drei sind nicht unbedingt Anwärter für den nächsten Friedensnobelpreis, haben aber jede Menge Fähigkeiten, die in einschlägigen Kreisen stark nachgefragt sind.
Drei Charaktere mit jeweils einem besonderen Talent
Neun unterschiedlich stark ausgeprägte Talente haben sie alle, eine besondere Fähigkeit jeweils nur einer. Trevor ist der beste Schläger, Franklin der schnellste Fahrer, Michael der treffsicherste Schütze. Gemeinsam starten sie diverse, lassen sich außerhalb der Missionen aber auch einzeln steuern. Wobei ein Knopfdruck reicht, um den Charakter zu wechseln. Dann zoomt die Kamera auf der Weltkarte raus und wieder rein wie bei einem Satellitenbild.
Die Spielwelt ist größer als die von GTA IV, GTA: San Andreas and Red Dead Redemption zusammen. Anders gesagt, sie ist sehr groß. Und gut besucht. Mehr als 100 Tage sind die Programmierer dafür durch Los Angeles gestreift, das im Spiel Los Santos heißt. Sie haben Tausende Fotos gemacht, sind nachts mit Cops durch die Straßen gezogen, haben mit Undercover-Agenten des FBI gesprochen, die Experten sind in Sachen Mafia und Gang-Kriminalität.
Man kann als Dampframme spielen oder raffiniert
Die Mühe hat sich gelohnt, denn das Missions-Design ist so gelungen wie nie. Fünf große Überfälle hat das Trio vor der Brust. Das klingt zunächst wenig, ist aber in zahlreiche Zwischenmissionen aufgeteilt. Zunächst einmal muss man sich entscheiden, wie man vorgehen will. Eher wie ein Dampframme ohne Rücksicht auf Verluste oder raffiniert und ohne größeren Schaden anzurichten. In beiden Fällen ist anschließend genaue Planung angesagt. Die Gegebenheiten am Tatort müssen ausgekundschaftet und fotografiert, Fluchtwege abgefahren und die Ausrüstung besorgt werden. Oft muss man auch ein paar zusätzliche Ganoven rekrutieren.
Einmal unterwegs, wird es schnell bleihaltig. Denn die Polizei in Los Santos wirft nicht mit Wattebäuschen und ist verdammt schnell zur Stelle, wenn irgendwo ein Geldtransporter überfallen oder Juwelier ausgeraubt wird. Ja, GTA V ist brutal, es wird geraubt und betrogen, geklaut und gelogen. Und es gibt Tote, Verletzte und jede Menge Sachschaden.
Für GTA V ist der Begriff "Killerspiel" zu kurz gegriffen
Mancher wird die Verbrechersimulation deshalb Killerspiel nennen. Aber das trifft es nicht, ist zu kurz gegriffen. Denn die Gewalt wird nicht zelebriert, sie gehört – wie in den Vorgängern – einfach zum Leben der Protagonisten. Sie wenden sie an, um zu überleben, nicht aus Freude am Töten. Dennoch ist es richtig, dass das Spiel erst ab 18 Jahren freigegeben ist. Schon weil es schnell den Eindruck vermittelt, dass sich Verbrechen doch lohnt.
Man muss allerdings nicht immer schießen, nicht vor jedem Polizisten fliehen. Wer will, kann auch einfach nur leben in Los Santos und wird doch wochenlang seinen Spaß haben. Um die enorme Größe der – von Beginn an komplett begeh- und befahrbaren - Spielwelt zu zeigen, hat Rockstar bei geheimen Präsentationen gerne eine Szene gewählt, in der Franklin sich zur Entspannung als Fallschirmspringer versucht.
Einmalige Grafik für PS3 und Xbox 360
Über einem zerklüfteten Gebirge springt er aus der Maschine, schwebt über Äcker und Wiesen, Wälder und Täler, in denen Flüsse glitzern, während am Horizont die Meeresbrandung an die Küste schlägt und die Skyline von Los Santos zu sehen ist. Am Boden schleichen Tiere, campen Ausflügler, starten Urlauber zu einer Wanderung. Und alles sieht so gut aus, dass man fast vergisst, dass GTA V bisher nur auf den „alten“ Konsolen PS3 und Xbox 360 läuft.
Auch an Fahrzeugen mangelt es wieder einmal nicht bei GTA V. Abgesehen von den zahlreichen Autos und Motorrädern, die sich besser und vor allem mit merklichen Unterschieden fahren lassen, kann man Boote steuern oder mit Helikoptern und Flugzeigen abheben.
Überhaupt kommt so schnell keine Langeweile auf. Die Spielfiguren können wandern, tauchen, schwimmen gehen oder einfach zur Musik, der dieses mal 17 integrierten Radiostationen durch die Stadt cruisen. Und das ergaunerte Geld lässt sich an allen Ecken und Enden der Stadt wieder ausgeben. Schließlich braucht der Gangster von Welt auch mal chice Klamotten, eine coole Frisur oder eine effektivere Knarre. Und sein Wagen Alufelgen oder breitere Reifen.
Wer bereits alles besitzt, kann noch an die Börse gehen
Ist alles angeschafft, bleiben noch das spekulieren an der Börse oder der Erwerb von Immobilien. Beides kann einen reich machen aber auch ins Armenbaus bringen. Manchmal ist GTA V ein wenig wie „Die Sims“. Aber eben für Männer. Und ohne Beziehungen. Doppelt so viel Spaß hat man, wenn man einigermaßen Englisch spricht. Wie in allen Vorgängern gibt es nämlich keine deutsche Synchronisation, nur Untertitel.
Man kann GTA vorwerfen, dass es kaum ein Klischee auslässt und hat Recht. Aber gleichzeitig ist es witzig, zynisch und voller Anspielungen auf den „American way of Life“. In seinen besten Augenblicken ist es wie ein guter Gangster-Film, in dem man mitspielen darf. Und selbst in den etwas schlechteren immer noch das beste GTA, das es bisher gab.
- "GTA V" ist zunächst nur für die Playstation 3 und die Xbox 360 erhältlich. Das Spiel kostet zur Veröffentlichung circa 60 €.