Essen/Dortmund. Jahrelang hat man sie geschlossen oder umgewidmet. Jetzt werden Bunker verzweifelt gesucht. Die Lage in NRW ist erschreckend.
Offiziell heißt das Projekt „Nationales Schutzraumkonzept“. Verkürzt gesagt bedeutet es, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) im Sommer dieses Jahres den Auftrag erhalten hat, einen Plan zu erstellen, wie möglichst viele Menschen im Falle eines Falles Schutz in einem Bunker finden können.
NRW: kein Schutzraum einsatzbereit
In Nordrhein-Westfalen geht die Zahl derzeit gegen null. Landesweit existierten derzeit laut der bundesweit zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) in NRW noch 48 Schutzräume oder Bunker – Bauwerke also, die die Eigentümer im Krisenfall bereitstellen müssen und auf die der Bund zurückgreifen kann. Allerdings ist keines davon derzeit „einsatzbereit“. Hintergrund ist laut BImA die 2007 vom Bund und den Ländern einvernehmlich getroffene Entscheidung, das bisherige Schutzbaukonzept einzustellen und Bunkerräume aus der sogenannten Zivilschutzbindung zu entlassen.
Experten seien nach dem Ende des Kalten Krieges von einem Schadenszenario ohne Vorwarnzeit ausgegangen, daher hätten Schutzräume der Bevölkerung keine ausreichende Sicherheit bieten können, hieß es zur Erläuterung bei der Bundesanstalt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Viele öffentliche Schutzräume wurden seitdem abgerissen oder umgewidmet.
Die wegen der Rüstungsindustrie im Zweiten Weltkrieg massiv bombardierte Stadt Essen etwa hatte nach Angaben der Stadt einst rund 1300 Luftschutzanlagen. Die meisten Bunker seien inzwischen stillgelegt und verfüllt. Von 19 Hochbunkern befänden sich nur noch zwei in städtischem Eigentum, und auch diese seien nicht mehr intakt.
Bunker im Haus beginnt bei 30.000 Euro
Mit Beginn des Ukrainekrieges hat das Bundesinnenministerium die beiden Bundesanstalten angewiesen zu prüfen, ob und mit welchem Aufwand noch existierende Bunker wieder funktionstüchtig gemacht werden könnten. Gemeinsam mit den Ländern sei beabsichtigt, in den nächsten Schritten Eckpunkte für die Entwicklung eines Schutzraumkonzeptes weiter auszuarbeiten, sagt eine BBK-Sprecherin.
So sollen unter anderem öffentliche Gebäuden und private Immobilien erfasst werden, die als öffentliche Zufluchtsorte genutzt werden können. Außerdem soll es „Handlungsempfehlungen“ geben, wie sich Privatleute „kurzfristig“ einen Schutzraum einrichten können. Technisch ist das meist möglich, kostet allerdings viel Geld. Angebote im Internet beginnen bei rund 30.000 Euro für Neubauten und veranschlagen für Umbauten in bestehenden Häusern mindestens 45.000 bis 50.000 Euro. Auch die Bewohner der im Ruhrgebiet oft zu findenden Mehrfamilienhäuser lassen sich so schützen – sofern Eigentümergemeinschaft oder Vermieter bereit sind, ordentlich zu investieren. Experten rechnen für einen 75 Quadratmeter großen Schutzraum mit bis zu 80.000 Euro.
Ein anderer Vorschlag des BBK ist, künftig Tiefgaragen und U-Bahn-Bahnhöfe als Bunker zu nutzen. Vor allem letzteres ist zwischen Rhein und Ruhr allerdings nicht so einfach. „In Dortmund gibt es unterirdische Bahnhöfe nur im Innenstadtbereich“, sagt DSW21-Sprecher Frank Fligge. „In den Randbezirken fahren wir oberirdisch.“ Das machen die meisten anderen Verkehrsgesellschaften nicht anders. Zudem weisen ihre Sprecher darauf hin, dass die U-Bahnen im Revier nicht annähernd so tief unter der Oberfläche liegen, wie etwa in London oder Kiew.
Infos auch über spezielle Handy-Apps möglich
Wenn es irgendwann einmal wieder Bunker und Schutzräume gibt, sollen die Menschen auch die Möglichkeit bekommen, über Warn- und Kartendienste die für sie nächstgelegenen Schutzorte über das Handy zu ermitteln – etwa über eine spezielle Handy-App. Aber das, sagt die BBK-Sprecherin sei „nur eine von vielen Möglichkeiten“.