Essen. Die Trump-Wahl wird teuer für uns - da herrscht Einigkeit beim Politischen Forum in Essen. Einnahmen müssen her: Einen Expertentipp gibt es.

Zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung des Landes ausgeben? „Es werden drei oder vier Prozent werden“, prophezeit Jürgen Trittin in der Essener Philharmonie. Und das müsse „dauerhaft aus Einnahmen finanziert werden. Das geht weder mit Steuersenkungen noch auf Pump.“ Der Ton ist nicht alarmistisch, aber beim 151. Politischen Forum sind sich am Montagabend alle drei, die auf der Bühne mitdiskutieren, mit dem früheren Minister der Grünen einig: Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten wird teuer für Europa und ganz besonders für Deutschland.

Der Tipp des Experten: Die Mehrwertsteuer wird erhöht

Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft und stellvertretender Vorsitzender der Atlantik-Brücke, liefert flugs eine Prognose, woher zu guten Teilen das Geld kommen wird, um Deutschland militärisch fit zu machen: „Mein Tipp ist, dass die neue Regierung die Mehrwertsteuer um drei Prozent erhöhen wird.“ Dass die Menschen in Deutschland „andere Steuerlasten erleben werden“, davon ist er ohnehin überzeugt.

Europa muss selbstständig werden: Jürgen Trittin beim Politischen Forum am Montagabend in Essen.
Europa muss selbstständig werden: Jürgen Trittin beim Politischen Forum am Montagabend in Essen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

„Freiheit kostet - und das muss sie uns wert sein“, assistiert Jürgen Trittin. In den USA habe es nicht nur einen Regierungs- sondern auch einen Systemwechsel gegeben. Mit den Milliardären Elon Musk und Peter Thiel an Donald Trumps Seite drohe ein neues kapitalistisches Gesellschaftsmodell, bei dem man sich „einen Staat hält, um geschäftliche Interessen durchzusetzen“. Musk und Thiel wollten Monopole sichern: „Die hassen Wettbewerb“, ist sich Trittin sicher. Die deutsche Exportpolitik werde hohe Zölle zu spüren bekommen. Es drohe zudem ein „schmutziger Deal“ zu Lasten der Ukraine, den Europa nicht verhindern werde, weil es den Ausfall der USA nicht kompensieren könne.

Ein „eingefrorener Konflikt“ aber bedrohe massiv die Sicherheit des Kontinents, warnt der Grünen-Außenpolitiker. Und wenn Europa nicht erpressbar sein wolle, müsse es massiv in seine Sicherheit investieren. Trittin mahnt, das miserable deutsch-französische Verhältnis zu reparieren und auch ein strategisches Bündnis mit Polen zu suchen. Dass er vom Bundeskanzler in außenpolitischen Fragen nicht viel hält, muss er nicht einmal explizit formulieren, jeder der 2000 im Saal hat es verstanden.

Werden die Amerikaner überhaupt noch Truppen in Europa stationieren?

Dass die europäische Selbstständigkeit zwingend ist, davon ist auch Mark Speich überzeugt, NRW-Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten. Es sei auch an der Zeit, zu verstehen, dass die Forderung der USA, Europa müsse zwei Prozent für seine Verteidigung ausgeben, „keine Zumutung“ sei, „sondern in unser aller Interesse, um wirkungsvoll abschrecken zu können“. Man müsse sich fragen, ob die Amerikaner überhaupt noch bereit seien, Truppen in Europa zu stationieren.

Eine winzige Prise Hoffnung von WDR-Intendant Tom Buhrow

Dem US-erfahrenen WDR-Intendanten Tom Buhrow bleibt es vorbehalten, am Ende des Abends in der voll besetzten Philharmonie nach all den beklemmenden Einsichten immerhin eine winzige Prise Hoffnung zu verbreiten: „Immerhin scheint mir, dass alle begriffen haben, worum es jetzt geht.“ Man wird sehen.