Mönchengladbach-Rheydt. In Mönchengladbach hat der Prozess gegen einen Hausverwalter begonnen, der für den Tod eines Menschen verantwortlich sein soll.
Das marode Geländer eines Laubengangs im dritten Obergeschoss wurde vier Menschen am 21. April 2022 in Mönchengladbach-Odenkirchen zum Verhängnis: Nach einer Rangelei stürzten sie zehn Meter in die Tiefe. Zwei Männer und eine Frau wurden schwer verletzt, ein 31-jähriger starb noch vor Ort. Das Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt verhandelt nun seit Freitagmorgen, wer den Unfall zu verantworten hat.
Auf der Anklagebank sitzt ein 68-jähriger Rentner aus Mönchengladbach, dem fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen wird. Als Verwalter des Mehrfamilienhauses in der Straße Am Kammerhof war er für die Instandsetzung und -haltung des Gebäudes verantwortlich. Dieser Pflicht sei er nicht nachgekommen, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Er habe vom maroden Zustand der Brüstung gewusst, die „Gefahrenquelle für alle Bewohner“ aber dennoch nicht beseitigt.
Sagen möchte der 68-Jährige am ersten Verhandlungsmorgen nichts. Stattdessen kritisiert sein Verteidiger zu Beginn der Verhandlung das Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Die halte sich an lose Behauptungen und habe versäumt, in andere Richtungen zu ermitteln.
Vor Balkonsturz soll ein Mann mehrfach auf das Geländer geschlagen haben
Geladen waren am ersten Verhandlungstag zwei Zeugen. Übereinstimmend berichteten sie von einem Streit zwischen zwei Männern. Eine Frau und ein dritter Mann seien hinzugekommen, um den Streit zu schlichten. Auch von einem Mann, der mehrfach auf den Handlauf geschlagen oder daran gewackelt haben soll, ist die Rede. Doch wie alle vier dann zehn Meter in die Tiefe stürzten, daran haben beide unterschiedliche Erinnerungen.
Eine 43-jährige Frau berichtet, sie sei in den Streit zwischen den anderen beiden Männern geraten. Einer der Männer habe sich gegen das Geländer gelehnt, das habe daraufhin nachgegeben. Sie habe versucht, ihn zu halten und dabei selbst das Gleichgewicht verloren. Noch heute habe sie Schmerzen im Rücken, den Sprunggelenken und dem Becken. Wie die anderen beiden gefallen sind, könne sie nicht sagen.
Ein 34-jähriger Mann – ein ehemaliger Bewohner des Hauses, der die Szene beobachtete – erinnert sich etwas anders: Einer der Männer sei mit offenen Armen auf die drei anderen zugelaufen, die noch immer vor der Brüstung rangelten. Der Mann habe sich gegen sie gelehnt, das Geländer sei nach hinten gekippt und alle vier seien gefallen. Das Brüstungsgitter war bei dem Gerangel auf 20 Metern Länge abgebrochen. Der Unfall nimmt den Zeugen noch heute sichtlich mit, mehrfach bricht seine Stimme.
Mehrfamilienhaus Am Kammerhof: „Da bist du froh, wenn du die Tür zu hast“
In einer Sache zeichnen die beiden dasselbe Bild: Das Mehrfamilienhaus in der Straße Am Kammerhof, wo sich der Unfall ereignet hat, sei unzumutbar: „Der Kammerhof ist ein furchtbarer Ort. Da bist du froh, wenn du die Tür zu hast“, sagt die 43-Jährige.
Der 34-Jährige berichtet, er habe den Vermieter seiner Wohnung rund ein bis zwei Monate vor dem Unfall über die Mängel am Geländer informiert. Ein Handlauf sei damals von Unbekannten durchgesägt worden, wegen der Witterung seien die Füße aus der Verankerung gebrochen gewesen. Den Vermieter habe es „nicht wirklich“ interessiert, sagt der 34-Jährige. Er habe das Geländer daraufhin rund einen Monat vor dem Unfall trotz „null Plans“ im Schweißen selbst repariert.
Balkonsturz: Prozess geht am 26. November weiter
Der angeklagte Hausverwalter erklärt auf Nachfrage des Richters, er habe nie vom Zustand des Geländers erfahren. Er habe das Gebäude mehrmals im Jahr, teils mehrmals im Monat besucht. Dabei habe er weder Rost an der Brüstung gesehen noch feststellen können, dass sie wackle.
Am 26. November 2024 ab 8.00 Uhr sowie am 3. Dezember vernimmt das Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt weitere Zeugen. Am 13. Dezember soll das Verfahren abgeschlossen werden.