Bochum. Brigitte hört Hilferufe aus der Nachbarwohnung. Die Bochumerin hilft als Einzige. Was sie im Nachhinein anders gemacht hätte.
Lautes Gepolter und Hilferufe aus der Nachbarwohnung: Brigitte wurde Zeugin von häuslicher Gewalt. Sie klingelte erst selbst an der Tür und rief dann die Polizei. Hier erzählt die Bochumerin, warum sie jederzeit wieder eingreifen würde – und was sie in Zukunft anders machen würde:
„Ich habe am Nachmittag Krach und laute Stimmen aus einer der Nachbarwohnungen gehört. Ich konnte die Geräusche aber nicht wirklich zuordnen. Also bin ich auf den Flur gegangen. Da habe ich meine Nachbarin ,Hilfe‘ und ,Aua‘ schreien hören.
Sie hat zusammen mit ihrem Mann in der Wohnung über mir gewohnt. Wir kannten uns nicht gut, sind uns ab und zu im Treppenhaus begegnet. Ich bin hochgelaufen, habe laut ihren Namen gerufen und dann geklingelt. Das war wie ein Reflex. Geistesgegenwärtig habe ich mich etwas weiter von der Tür weggestellt. Ich wusste ja nicht, was mich erwartet.
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Der Mann meiner Nachbarin hat die Tür geöffnet. An der Wand und auf den Fliesen war Blut. Seine Frau ist nicht zu sprechen, sagte er. Ich habe noch mit etwas mehr Nachdruck nach ihr gefragt. Aber er wiederholte sich mit fester und bestimmter Stimme. Ich bin dann runter in meine Wohnung.
Dann habe ich die Polizei und einen Krankenwagen gerufen. Von den anderen Nachbarn war immer noch nichts zu sehen, sie blieben alle in ihren Wohnungen. Erst, als die Rettungskräfte eingetroffen waren, kamen sie plötzlich raus. Das kann ich nicht nachvollziehen, die Geräusche konnte man nicht überhören.
Im Nachhinein denke ich, dass es schon etwas riskant war, selbst zu klingeln und würde anderen dazu raten, zuerst die Polizei zu rufen. Aber ich konnte die Situation nicht sofort richtig einschätzen. Und ich hatte Angst, die Polizei vielleicht umsonst zu rufen und meine Nachbarn zu beschuldigen. Heute bin ich aber froh, dass ich es gemacht habe. Denn hätten alle weggeschaut, wäre vielleicht etwas Schlimmeres passiert. Angst hatte ich in der Situation nicht. Aber später habe ich gemerkt, dass mich das ganz schön mitgenommen hat. Dass ich selbst in Gefahr war, ist mir erst hinterher bewusst geworden.
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Nach dem Vorfall hatte meine Nachbarin sich mit ihrem Mann zunächst wieder versöhnt. Die genauen Hintergründe kenne ich nicht. Sie hatte auch die Anzeige zurückgezogen. Aber als ich sie Monate später wiedergetroffen habe, war sie zum Glück von ihm getrennt. Sie sagte zu mir, dass ich ihr das Leben gerettet hätte. Die Dankbarkeit in ihren Augen zu sehen, das war für mich Lohn genug.“