Bochum. Fast jeder zweite Hausarzt in NRW ist über 60 Jahre alt. Nachwuchs fehlt. NRW versucht es mit einer Quote - und zieht nach fünf Jahren Bilanz.
Im Kampf gegen den Hausärztemangel zieht das Land NRW eine erste Erfolgsbilanz: Fünf Jahre nach Einführung der sogenannten Landarztquote mit reservierten Medizinstudienplätzen für künftige Hausärzte in ländlichen Regionen habe sich das Programm laut NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erfolgreich entwickelt.
„Die Quote ist nicht mehr wegzudenken“, sagte Laumann am Donnerstag in Bochum. Bisher haben sich nach Angaben des Landes 1043 Studienplätze insgesamt 4825 Interessentinnen und Interessenten beworben. Das zeige, dass viele junge Menschen als Hausarzt auf dem Land arbeiten wollten. Die Quote biete ihnen einen Medizinstudienplatz ohne Spitzenabitur.
NRW ist Vorreiter bei der Landarztquote: Zehn Bundesländer ziehen nach
Die Nachwuchssorgen in der Allgemeinmedizin sind gewaltig. Nach Angaben des Landes sind 44 Prozent der niedergelassenen Allgemeinmediziner älter als 60 Jahre. NRW hatte die Landarztquote zum Wintersemester 2019/20 als erstes Bundesland eingeführt, um dem Mangel zu begegnen. Inzwischen haben zehn weitere Bundesländer nachgezogen.
>>> Lesen Sie auch: Als Quotenmann ins Studium? „Das stört mich nicht“
In einem eigens entwickelten Auswahlverfahren verpflichten sich die Bewerberinnen und Bewerber, nach Abschluss ihrer Ausbildung zehn Jahre lang in einer unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Region hausärztlich tätig zu sein. Das gilt aktuell vor allem für den ländlichen Raum, ist darauf aber nicht beschränkt. Bei Vertragsbruch droht eine Strafe von 250.000 Euro.
Ärztekammer-Präsident: Quote ist ein Baustein gegen den Hausärztemangel
Bewerber brauchen kein Spitzenabitur. Simone Gurlit, Direktorin vom Landeszentrum Gesundheit NRW mit Sitz in Bochum, sprach vielmehr von „Überzeugungstätern“, die gesucht würden, und die für die Arbeit auf dem Land brennen. Das Interesse ist zuletzt allerdings gesunken. Im Wintersemester 2019 gab es noch neun Bewerbungen auf einen Quoten-Studienplatz, im Wintersemester 2023 waren es zwei.
Für die Ärztekammern in NRW ist die Quote ein Baustein gegen den Ärztemangel. Hans-Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, lobte am Donnerstag in Bochum, dass NRW als einziges Bundesland neben Bayern die Zahl der Medizinstudienplätze angehoben habe. Zudem gebe es Förderprogramm für Praxisgründungen und Chancen zum Quereinstieg aus anderen Fachrichtungen in die Allgemeinmedizin, die jedes Jahr über 100 Mediziner nutzten. „Es wird von allen Seiten etwas getan, um die Versorgung zu stabilisieren“, so Gehle.
Alle Texte zum Hausarztmangel
- Medizinstudent: „Halbe Zeit geht für Papierkram drauf“
- Daniel Schick (29): „Darum werde ich Hausarzt“
- Die Hausarztpraxis schließt: Was können Patienten tun?
- Fünf Wege aus dem Hausarztmangel
- Großkampftag beim Hausarzt: 350 Patienten, 13 Stunden Arbeit
- Hausarzt verzweifelt gesucht: Was wird aus den Patienten?
- Essener Hausarzt: „Nehmen seit zwei Jahren keine Patienten an“