Düsseldorf. Ein Düsseldorfer Jurist geht in E-Mails auf Manuela Schwesig los. Die zeigte ihn an. Jetzt muss er wieder vor Gericht erscheinen.
Politikerinnen und Politiker müssen viel einstecken - manchmal sogar tätliche Angriffe. Vor allem aber werden sie im empörungsfreudigen Internet oft unterhalb der Gürtellinie attackiert. Natürlich muss man sich nicht alles gefallen lassen und kann dagegen vorgehen. Manuela Schwesig (50), Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin, hat es getan. Sie hat manches in ihrer beruflichen Karriere abbekommen und wehrt sich gerichtlich gegen einen Anwalt aus Düsseldorf. Der muss nun wieder vor Gericht erscheinen, nachdem die Richterin einen ersten Prozess gegen ihn im Mai aus Verfahrensgründen abgebrochen hatte.
Wie die Staatsanwaltschaft Düsseldorf auf Nachfrage schon Anfang des Jahres bestätigte, sollen vom Account des 56-Jährigen im April 2022 zwei E-Mails an Schwesig gesendet worden sein, in dem sie wegen ihrer aus Sicht des Absenders zu russlandfreundlichen Politik beschimpft wird. Der Jurist hatte die SPD-Politikerin unter anderem als „Russenliebchen“ und als „korrupt“ bezeichnet.
Staatsanwältin sieht eine strafbare Beleidigung
Für die Staatsanwältin war damit die Schwelle von der erlaubten politischen Meinungsäußerung zur strafbaren Beleidigung überschritten. Der Anwalt und sein Verteidiger meinen dagegen, die Äußerungen seien durch die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit gedeckt. Bei den E-Mails habe es sich nicht um Hate-Speech (Hassrede) gehandelt. Der Jurist habe Schwesig nicht anonym und öffentlich in sozialen Netzwerken persönlich herabgesetzt oder verächtlich gemacht. Er habe die Politikerin lediglich in persönlich an sie adressierten E-Mails wegen ihres Einsatzes für die umstrittene Gas-Pipeline Nordstream 2 kritisiert.
Der Angeklagte räumte im Mai vor Gericht auch ein, „dass die Ausführungen damals sicher kein Glanzstück meines Lebens waren“, aber er habe sich aufgeregt. In der ersten E-Mail hatte der Jurist der Ministerpräsidentin vorgeworfen, die Interessen der Bundesrepublik zu verraten. Außerdem sei ihre Unterstützung „des Diktators und Massenmörders in Moskau widerlich und vollkommen unakzeptabel“.
„Nicht alles, was geschmacklos ist, ist auch strafbar“
In der zweiten E-Mail vier Tage später fallen dann die besagten Begriffe. „Nicht alles, was geschmacklos ist, ist auch strafbar“, sagte der Verteidiger. Nach zwei Stunden unterbrach die Amtsrichterin damals die Verhandlung, weil der Anwalt neben einer 29-seitigen Stellungnahme noch weitere umfangreiche Erklärungen verlesen wollte. Da sich in den kommenden drei Wochen keinen Fortsetzungstermin fand, musste das Verfahren neu aufgerollt werden. Das passiert nun am 5. Dezember.
In der Tat war Schwesig wegen ihres Einsatzes für das deutsch-russische Pipelineprojekt Nord Stream 2 schwer in der Kritik geraten, die SPD-Politikerin sah sich Rücktrittsforderungen aus der CDU ausgesetzt. Auch der dubiose Verein „Deutsch-Russische Partnerschaft“ war ins Blickfeld gerückt, selbst wenn die finanzielle Unterstützung durch Mecklenburg-Vorpommerns Landesregierung mit Beginn des Ukraine-Krieges weggefallen sei, wie der damalige Vorsitzende Erwin Sellering (SPD) beteuerte. Schwesig hat sich mit Blick auf den Angriffskrieg von Russlands Politik freilich öffentlich mehrfach distanziert.
Vor dem Landgericht Hamburg war Schwesig im Februar 2022 mit ihrem Versuch gescheitert, dem CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß kritische Aussagen über ihren Russland-Kurs verbieten zu lassen. Die Richter ließen seine Vorwürfe als zugespitzte Meinungsäußerung durchgehen. Ob das Düsseldorfer Amtsgericht die heftig formulierten Anwürfe in den nun zu verhandelnden E-Mails am 5. Dezember so wertet, erscheint indes zweifelhaft: Immerhin wird Schwesig darin vorgeworfen, dass sie bestechlich sei. (mit dpa)