Am Niederrhein. Alle Jahre wieder bekommt der Niederrhein Besuch aus dem hohen Norden: Die Wildgänse sind wieder da - ein beeindruckendes Naturschauspiel.

Jetzt zur Winterzeit kann man am Niederrhein wieder große Scharen arktischer und nordischer Wildgänse beobachten. Sehr zur Freude vieler Naturfreunde. Einige kommen wegen des Naturspektakels sogar aus anderen Bundesländern und dem benachbarten Ausland. Nicht wenige sind professionell mit Fernglas, Spektiv oder Fotoapparat ausgerüstet.

Exkursionen zu den Gänsen

Arktische Wintergäste haben eine größere Winterdynamik als man denken könnte. Viele Wildgänse bleiben für ein paar Tage oder auch Wochen am Niederrhein und ziehen dann weiter. Es kann aber auch sein, dass diese Gänse ein paar Wochen später wieder bei uns eintrudeln. Dagegen futtern andere Gänse sich hier den ganzen Winter über ihre Kraftreserven für den anstrengenden Rückflug ins Brutgebiet an. Wer das Naturschauspiel der Wildgänse beobachten möchte, sollte ein Fernglas und, falls vorhanden, auch ein Bestimmungsbuch dabei haben. Und man sollte Zeit mitbringen. Es lohnt sich, die großen Futter-Gemeinschaften zu beobachten. Es tut sich immer etwas, wenn man nur genau hinschaut. Fachkundige Bus-Gänseexkursion bietet u.a. die Bio-Station im Kreis Wesel an: www.bskw.de

Oberstes Gebot muss es natürlich sein, den scheuen Schnattertieren auf keinen Fall auf die Pelle zu rücken, Wege und Straßen auf keinen Fall zu verlassen; erst recht nicht bäuerliches Weideland oder Felder zu betreten. Wer Wildgänse durch seine Aktivitäten absichtlich aufscheucht, der macht sich strafbar und kann empfindlich zur Kasse gebeten werden.

Tausende Kilometer unterwegs

Blässgans und Rothalsgans sind arktische Gänse und legen die Marathonstrecke von 4000 bis 6000 Kilometer zurück bis zu uns an den Niederrhein. Die meisten kommen aus ihrem Tundra-Brutgebiet der sibirisch-russischen Halbinsel Taimyr, dem nördlichsten, kontinentalen Festlandanteil der Erde. Das Futter ist bei uns immer noch nährstoffreich und die Wintertemperaturen relativ mild.

 Blässgans im Landeanflug auf der Bislicher Insel bei Xanten.
Blässgans im Landeanflug auf der Bislicher Insel bei Xanten. © (Nabu Kreis Wesel) | Peter Malzbender

Die meisten Wildgänse sind schlechte Energie-Verwerter und müssen den ganzen Tag fressen, oftmals sogar über den Einbruch der Dunkelheit hinaus. Das erfreut natürlich viele Landwirte gar nicht. Allerdings – bei nachgewiesenen Gänseschäden auf Grünland oder Feldern – werden an die betroffenen Landwirte Ausgleichszahlungen vom Land Nordrhein-Westfalen geleistet. Und das ist auch gut so.

180.000 Gäste pro Winter

Im Winter bevölkern bis zu 180 000 arktische Wildgänse unserer Region – zwischen Duisburg und der niederländischen Grenze, vornehmlich im Rheinvorland.

Mit deutlich über 90 Prozent hat hier die Blässgans den Schnabel vorn. Die nordische Saatgans und die stark bedrohte Zwerggans mischen sich häufig auch unter die Futtergemeinschaften von Blässgänsen. Auch Kurzschnabel- und Ringelgans bekommt man manchmal vor die Optik. Letztere Art in der Regel nur als Einzelexemplar.

Ein noch eher seltener Gast, eine arktische Rothalsgans.
Ein noch eher seltener Gast, eine arktische Rothalsgans. © Nabu Kreis Wesel | Peter Malzbender

Ein besonderes Phänomen umgibt die Weißwangengans. Die Art war einst Brutvogel nur in hochnordischen Regionen. Bei Zier-Geflügelhaltern in einigen europäischen Ländern sind Weißwangengänse entwichen – oder man hat sie auch absichtlich fliegen gelassen.

Die Weißwangengans ist ein geschützter Brutvogel bei uns

Nachweislich haben die zur Gattung Meergänse zählenden Wasservögel dann auch in der Natur erfolgreich für Nachwuchs gesorgt. In den Niederlanden brüten mittlerweile über 5000 Brutpaare. Am Niederrhein ist die Weißwangengans geschützter Brutvogel.

Auch die Graugans ist da

Der Autor hat vor drei Jahren allein im Bereich Wesel-Bislich 21 Paare mit Nachwuchs kartieren können. Die große niederländische Population wird sich wahrscheinlich auch mit europäischen Weißwangen-Wildpopulationen vermischt haben. Vielleicht sind auch einige dieser Vögel an den Niederrhein gezogen.

Von den heimischen Gänsearten ist die Graugans der häufigste Brutvogel bei uns. Dann folgt die Nilgans. Zudem brüten am Niederrhein noch Kanada-, Brand- und Rostgans.

Infos zu den Wildgänsen auch hier