Düsseldorf. Hinter Gittern ist Weihnachten ein anderes Fest. Zwar gibt es geschmückte Bäume und besonderes Essen - Familie und frühere Freunde aber fehlen. Zu den Feiertagen wurden etwa 750 Menschen etwas früher entlassen als geplant - sie profitierten von der Weihnachtsamnestie.

Kerze, Kugelschreiber, Tabak. Für Heiligabend packen Helfer des katholischen Gefängnisvereins in Düsseldorf Geschenktüten für Strafgefangene in der Stadt. "Was zu schreiben und zu rauchen ist immer gut", sagt Sozialpädagogin Gisela Ruwwe vom Gefängnisverein. 16.000 Häftlinge sitzen derzeit in Nordrhein-Westfalen ein. Weihnachten im Knast? Für viele keine einfache Zeit. Die Justizvollzugsanstalten versuchen, mit geschmückten Weihnachtsbäumen, Musik und Gottesdiensten Besinnlichkeit zu schaffen. Aber die Feiertage fallen hinter Gittern bescheiden aus.

"Weihnachten ist viel, viel weniger hektisch als draußen", berichtet der katholische Gefängnispfarrer Frank Ottofrickenstein in Münster. In die Messen kämen an den Feiertagen besonders viele Häftlinge. "Das Getrenntsein von Familie ist das, was Sorgen bereitet. Das schmerzt oft", erzählt er. Immerhin sind zum Beispiel in der JVA Aachen die Besuchsräume vor den Festtagen ausgebucht. Weihnachten sei für die Gefangenen sehr wichtig, meint die stellvertretende JVA-Chefin Charlotte Adams-Dolfen. "Es ist eine Abwechslung vom Haftalltag."

In die Pakete dürfen Kaffee, Schokolade, Socken, Skat-Karten

Aber eben mal ein Geschenk bekommen? Das geht im Gefängnis nicht so einfach. In der JVA Köln kontrollieren Wärter alle Pakete, die Verwandte oder Freunde an Strafgefangene schicken. Auf einer peniblen Liste steht, was in die Knastpäckchen darf. "Der liebevoll gebackene Kuchen von der Oma ist da leider nicht drauf", sagt der stellvertretende Anstaltsleiter Wolfgang Schriever. Das Gebäck würden die Kontrolleure auseinandernehmen - und übrig blieben dann nur Brösel. Erlaubt sind Kosmetikartikel, Tabak und Süßigkeiten.

Doch längst nicht alle Häftlinge bekommen Post. In Düsseldorf sammelt daher der katholische Gefängnisverein Spenden für Gefangene ohne Angehörige. In die Spendenpakete dürfen Kaffee, Schokolade, Socken, Unterhosen oder Skat-Karten. Verboten sind zum Beispiel Alkohol oder Spraydosen. "Wir müssen alles auspacken, um zu kontrollieren, was da drin ist", sagt Ruwwe. "Das ist natürlich viel Arbeit." Etwa 200 bis 300 Pakete kommen so nach ihrer Schätzung in den Pfarreien zusammen. Hinzu kommen die kleinen Weihnachtstüten für alle Häftlinge in der Stadt.

750 Menschen profitieren in NRW von der Weihnachtsamnestie

Die Feiertage hinter Gittern seien nicht einfach, erzählt ein ehemaliger Häftling. "Man ist eingesperrt. Es ist halt sehr eintönig." Die Leute seien von ihren Familien getrennt, das zerre an den Nerven. Zum ersten Mal seit langer Zeit verbringt er die Festtage nun wieder draußen. "Ich werde es mal ganz ruhig angehen lassen, noch mal über den Weihnachtsmarkt schlendern", hat er sich vorgenommen.

Landesweit gibt es 37 Gefängnisse. Zu den Feiertagen wurden etwa 750 Menschen etwas früher entlassen als geplant - sie profitierten von der Weihnachtsamnestie. Voraussetzung ist unter anderem die straffreie, gute Führung.

Manche Gefangene dürfen über Weihnachten auch kurze Zeit nach Hause - in der JVA Bielefeld-Senne zum Beispiel, wo Menschen ihre Haft im offenen Vollzug absitzen. Der Besuch daheim macht die Sache nach Angaben von JVA-Chef Uwe Nelle-Cornelsen nicht unbedingt einfacher. Manche merkten erst dann, wie isoliert sie im Gefängnis lebten.

Weihnachtsessen in der JVA Köln ist das teuerste Essen des Jahres

Tausende Menschen bleiben aber hinter Gittern. An den Feiertagen gibt es dann oft ein besonderes Essen. In Köln wird Gänsekeule mit Rotkohl und Klößen serviert. "Das ist - das weiß ich aus der Küche - das teuerste Essen des Jahres", sagt Schriever. Auch ein Dessert steht im Plan, eher eine Ausnahme. In Essen, Detmold und Aachen landen halbe Hähnchen auf den Tellern. "Wir hatten schon mal Lachs, Gänsekeule. Das kam hier im Haus nicht an", sagt ein Küchenmitarbeiter in Essen.

Nicht alle Gefangenen feiern Weihnachten. In der Kölner JVA seien auch viele Konfessionslose oder Muslime, sagt Schriever. "Aber das ist ein Nebeneinander verschiedener Traditionen, das durchaus geschätzt wird."

Und manchen ist einfach nicht nach Feiern. In Detmold spielt an Heiligabend ein Posaunenchor im Freistundenhof - die Gefangenen können aus ihren Zimmern zuhören. "Das ist immer sehr besinnlich", sagt JVA-Leiterin Kerstin Höltkemeyer-Schwick. "Wem das zu sentimental ist, der macht eben sein Fenster zu." (dpa)