Essen. Die Musik-Show „The Voice of Germany“ ist vor allem eines: sehr harmonisch. Die Juroren sind schnell so begeistert, dass es kaum noch begeisterter geht und wenn doch mal ein Kandidat gehen muss, darf er trotzdem noch ein Duett mit seinem Idol singen. Ob es Michael Bormann aus Duisburg in die Battles geschafft haben, lesen Sie hier:
Es gibt viele Dinge, die „The Voice of Germany“ vom anderen Casting-Show-Rest unterscheiden. Eine Chance für verrückte Charaktere gehört da mit Sicherheit dazu. Zu diesen erstaunlichen Persönlichkeiten zählten in der zweiten Folge der Blind Auditions definitiv die Berlinerin Koko Fitzgeraldo.
Die 33-Jährige überzeugte am Freitagabend gleich alle vier Juroren-Teams mit ihrer unglaublichen Funk-Stimme. Ihre Bewegungen unterstrichen die Worte aus dem Song „Vodoo Woman“, ähnelten in ihrer Verrücktheit einer Mischung aus Ententanz und Zombiewalk. Sie begeisterte, doch in einer Show wie Deutschland sucht den Superstar hätte sie es vielleicht schwer gehabt.
Bei Juror Rea Garvey fand sie dann auch, nach einigem Entscheidungs-hin-und-her und mit der Kraft des Mantras „Gotta let your Freak out“ den richtigen Begleiter für die kommenden Battles.
Eine Show, die nicht Spott und Häme wecken will
In dieselbe Kategorie fällt sicherlich auch die 18-jährige Vlada Vesna. Die gebürtige Lettin trat mit einem opulenten Blumenkranz auf dem blau gefärbten Haarschopf auf die Bühne und gab mit „It's Oh So Quiet“ von Björk eine skurrile, aber absolut fesselnde Show. Damit fing sie auch Silbermond-Frontfrau Stefanie Kloß ein.
Auch der Start ohne die Sängerinnen und Sänger, die scheinbar nur ins Fernsehen kommen, weil sich entweder Juroren oder die Zuschauer über sie lustig machen sollen und sie so für gute Quoten sorgen sollen, ist ein wichtiger Punkt, der „The Voice of Germany“ zu einer anderen Casting-Show macht. Es gibt es kein peinliches Gequieke oder theatralisches Gejaule, das im Nachhinein zu massenweise Häme und Spott führt.
Selbst die Kandidaten, die nicht über die Blind Auditions hinaus kommen, können singen. Ihnen fehlt in den Augen der Juroren das gewisse Etwas. Und dass das Publikum dies komplett anders sehen kann, das zeigte sich bei Gregor Jonas. Er reiste als Straßenmusiker bereits quer durch Deutschland und sorgte mit seiner offenen Art beim Studiopublikum für Jubel und Freude. Doch für ihn drehte sich keiner der Juroren um.
Duisburger Alt-Rocker ließ den Bon Jovi raus
Mit seiner Art überzeugte auch Michael Bormann. Nach 30 Jahren im Musikbusiness wollte es der Duisburger noch einmal wissen. Mit schon leicht flusiger Rockermähne stellte er sich vor die fünf Juroren-Rücken und ließ den Bon Jovi raus. Zum Verwechseln ähnlich klang die Performance des 48-Jährigen. Samu Haber holte ihn in sein Team.
In zwei Punkten ist „The Voice of Germany“ aber dann doch wie alle anderen Casting-Shows:
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1. Es ist meistens keine gute Idee, den Song eines Jurymitglieds zu singen. Das musste Kandidat Florian Pfitzner einsehen, als er nach seiner Präsentation von Sunrise Avenues „Livesaver“ und nach einer Diskussion mit Samu Haber nicht in die nächste Runde kam. Immerhin durfte er ein Duett mit seinem Idol singen – da haben wir die Harmonie wieder. Aus einem positiveren Grund durfte Björn Amadeus Kahl ein Duett singen. Er kam mit dem Lied "Keine ist wie Du" von Gregor Meyle in die nächste Runde. Und wie es der Zufall so wollte, war Meyle im Studio und feierte das Weiterkommen mit dem Kandidaten, indem er das Lied noch einmal gemeinsam mit ihm anstimmte.
Kampf der Coaches um Talente war teilweise unglaubwürdig
2. Ohne private Probleme oder wahlweise eine schwere Vergangenheit geht es nicht. Marion Campbell aus Hamburg sang „Waves“ und begeisterte die Juroren. Das Team „Fanta 2“, wie Smudo und Michi Beck genannt wurden, sicherte sich diese starke Stimme. Und das hätten sie sicher auch getan, ohne die traurige, Klaviermusik-untermalte Geschichte von gemeinen Mitschülern und wenig Selbstbewusstsein.
„The Voice of Germany“ ist eine Sendung voller Harmonie. Das muss man mögen. Die kleinen Kabbeleien und Kämpfchen, die die Juroren untereinander ausfechten, um die Gunst der Kandidaten zu gewinnen, werden spätestens ab dem Punkt unglaubwürdig, wenn sich die Argumente wiederholen: „Du gehörst in mein Team, weil wir Spaß haben werden“, „... weil Du atemberaubend/unglaublich/unfuckingfassbar bist“. An so mancher Stelle fehlt der Kitzel, doch der kann ja in den Battles noch kommen.