Essen. Misshandelt und vergewaltigt haben soll die Gelsenkirchenerin ihre Freundin in Bottrop. Doch dafür gab es keinen Beweis, Freispruch.

Die Erleichterung war der 25-jährigen Gelsenkirchenerin anzusehen. Am Dienstag sprach die Essener Jugendstrafkammer sie von dem Vorwurf frei, ihre frühere Lebensgefährtin in Bottrop vergewaltigt und geschlagen zu haben.

Zu widersprüchlich erschienen der XXIV. Strafkammer die Angaben des mutmaßlichen Opfers, einer 23-Jährigen, zu dem angeblichen Tatgeschehen. Das reiche nicht für die Gewissheit einer Verurteilung aus, sagte Richter Sebastian Jordan im Urteil.

Angebliche Vorfälle liegen Jahre zurück

Die angeblichen Vorfälle liegen Jahre zurück. 2016 soll es gewesen sein, als die Angeklagte ihre Lebensgefährtin mit Tritten attackiert und ihren Kopf auf einen Glastisch geschlagen haben soll. Hinzu kam die Vergewaltigung durch eine unsittliche Berührung gegen den Willen der Freundin.

Die 23-Jährige war bei ihrer Vernehmung zwar bei den Vorwürfen geblieben, verwickelte sich dabei jedoch in Widersprüche. Manchmal verwies sie auch auf Erinnerungslücken. Objektiv ließ sich nichts belegen. Ein eingereichtes Attest passte zeitlich nicht zu der behaupteten Verletzung. Auch belastende Chatverläufe, die sie vorgelegt hatte, konnten zeitlich nicht passen.

Angeklagte wies Vorwürfe zurück

Die Angeklagte hatte die Vorwürfe der Anklage zurückgewiesen, allerdings durchaus von einer auch körperlich turbulenten Beziehung gesprochen. Die Chatverläufe bewiesen zwar keine Gewalttaten, dokumentierten aber deutlich die Eifersucht der Angeklagten, nachdem die Freundin sich von ihr getrennt hatte.

Richter Jordan erinnerte an "die umfassende Beweisaufnahme", in der die Kammer viele Zeugen und Therapeuten gehört habe. Letztlich sei es aber um die Bewertung der Aussage des mutmaßlichen Opfers gegangen: "Sie war geprägt von Detailarmut, Erklärungsnot und Widersprüchen." Manchmal habe die Frau auch gesagt, sie habe da wohl etwas verwechselt.

Suggestion durch den Psychotherapeuten

Eine mögliche Erklärung sah die Kammer in den Therapiesitzungen der 23-Jährigen. Sie leidet, übrigens ebenso wie die Angeklagte, unter psychischen Problemen und hatte längere Zeit nach dem Aus der Beziehung einen Psychotherapeuten aufgesucht. Dieser habe ihr die Augen geöffnet, soll sie mal gesagt haben.

Möglicherweise hat dieser Therapeut ihr die angeblichen Erlebnisse durch seine Art der Befragung suggeriert, meinte Richter Jordan. Aufklären lässt sich das nicht mehr, weil der Therapeut mittlerweile verstorben ist. Auffällig seien aber seine Untersuchungsprotokolle. Sie zeigten, dass er die Angaben der Frau völlig unreflektiert als wahr eingeschätzt habe.