Die NRW-Umweltministerin sagte im Untersuchungsausschuss zur Flut-Katastrophe allenfalls die halbe Wahrheit. Und das ist nicht alles.

Die Zeugenbelehrung in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss gehört zu den Begrüßungsritualen, denen kaum jemand Beachtung schenkt: Vorsätzlich falsche oder unvollständige Angaben können mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren geahndet werden. Nordrhein-Westfalens angeschlagene Umweltministerin Heinen-Esser lotet gerade diesen gefährlichen Graubereich zwischen Wahrheit und Lüge in einer Weise aus, wie es Politprofis selten passiert.

Die CDU-Politikerin ist im vergangenen Sommer während der größten Flut-Katastrophe der Landesgeschichte nur kurz in Düsseldorf gewesen und gleich wieder zur Zweitwohnung nach Mallorca geflogen. Dem Untersuchungsausschuss vermittelte sie den Eindruck, dort bloß in „vier Tagen“ die Rückreise der auf den Balearen zurückgebliebenen 15-jährigen Tochter organisiert zu haben. Tatsächlich blieb die gesamte Familie Heinen-Esser noch neun Tage bis zum regulären Urlaubsende in der Sonne.

Politisch instinktlos, vielleicht sogar strafbar

Ob sich die Ministerin mit ihrer Aussage strafbar gemacht hat, werden Juristen klären. Politisch instinktlos war es allemal, nach einem für Tausende NRW-Bürger existenziellen Jahrhunderthochwasser im Mallorca-Modus zu bleiben und diesen Umstand auch noch verschleiern zu wollen. Schwer wiegt auch die Amtsverantwortung für ein Hochwasser-Prognosesystem, das hinten und vorne nicht funktionierte. Selbst in der CDU, die zunächst über eine „Hexenjagd“ auf ihre Ministerin schäumte, wirkt man mittlerweile irritiert. Doch Ministerpräsident Wüst kann sechs Wochen vor der Landtagswahl schlecht die zweite Umweltministerin der laufenden Wahlperiode (nach Christina Schulze Föcking) zurücktreten lassen.