Essen. Eine Welle falscher Inkassoschreiben überschwemmt das Ruhrgebiet. Fast immer geht es um angeblich nicht bezahlte Glücksspiel-Abos
Es ist laut Schreiben die „letzte außergerichtliche Mahnung“, verbunden mit der Aufforderung nun endlich die knapp 270 Euro für den angeblich am Telefon abgeschlossenen Vertrag mit einer Lotto-Firma zu zahlen. Für den Fall, dass das Geld nicht innerhalb von neun Tagen auf das im Schreiben angegebene Konto eingeht, wird mit „Mahnbescheid“ und „Zwangsvollstreckung“ gedroht, ist von „Pfändung“ die Rede – steht der „Gerichtsvollzieher“ quasi schon vor der Tür. Martin Weber (Name geändert) ist trotzdem gelassen geblieben: „Ich spiele nämlich nie Lotto.“
Die meisten Firmen gibt es gar nicht
Weber ist nicht der Einzige, dem in den letzten Tagen so ein Schreiben ins Haus geflattert ist. Im ganzen Land melden Verbraucherzentralen aufgeregte Kundschaft, die für nie abgeschlossene Glückspiel-Abos zahlen soll. Auch bei der Polizei in Dortmund sind solche Fälle bekannt, genaue Zahlen liegen allerdings nicht vor. Aber normalerweise, sagt ein Sprecher, „kommt so etwas immer in Wellen über eine Stadt oder eine Region.“
„Falsche Inkasso-Schreiben sind ein Dauerbrenner“, heißt es auch bei Verbraucherberatungsstellen. Absender und Forderungsgrund variieren, die in den Schreiben genannten Firmen aber haben fast alle eine Gemeinsamkeit. Es gibt sie nicht – oder nicht mehr. Webers Brief etwa stammt angeblich von der „Franz FS Forderungs-AG“ in Köln.
Geld soll in die Slowakei überweisen werden
Unter der angegebenen Adresse ist sie natürlich nicht zu finden, die aufgeführte Telefonnummer ist – wie erwartet – ungültig. Und selbst der Bund deutscher Inkasso-Unternehmer, mit dessen Logo das Schreiben offenbar Seriosität vorgaukeln will, warnt auf seiner Internetseite www.inkasso.de ausdrücklich vor der Firma. Vor vielen anderen übrigens auch.
Im vorliegenden Fall ist tiefergehende Recherche aber eigentlich unnötig. Schon ein Blick auf die Kontonummer zeigt anhand der IBAN-Landeskennzahl „SK“, dass das Geld in die Slowakei überwiesen werden soll. Und der Verfasser des Textes hat offensichtlich große Probleme mit der deutschen Rechtschreibung im Allgemeinen und der Bedienung einer Computertastatur im Speziellen. „Aber die Drohungen verunsichern manchen Angeschriebenen trotzdem stark“, berichtet ein Sprecher der Verbraucherzentrale.
Kündigungsformular ist nur ein Trick
Seit einiger Zeit bieten die falschen Geldeintreiber übrigens einen speziellen „Service“. Die zweite Seite des Anschreibens ist ein „Kündigungsformular“, um das nie abgeschlossene Abo zu beenden. „In Wirklichkeit sollen damit nur Telefonnummern, E-Mail-Adressen oder Bankverbindungen abgegriffen werden“, warnen Datenschützer.
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Bei Weber hat das Telefon allerdings auch ohne Rücksendung des Kündigungsformulars geklingelt. „Ich weiß auch nicht, woher die meine Nummer haben.“ Ob er nicht sein Glücksspiel-Abo verlängern wolle, hat ihn die Anruferin gefragt. „Nein“, hat Weber gesagt und darauf hingewiesen, dass Polizei und Presse bereits informiert seien. „Da wurde sofort aufgelegt.“
Betroffene sollen Polizei einschalten
Allen, die ein offenkundig falsches Inkassoschreiben erhalten, raten Experten deshalb auch, sollten eine Verbraucherberatungsstelle kontaktieren und Anzeige bei der Polizei erstatten. Nur eines sollten sie nicht: einfach zahlen.