Castrop-Raucel..
Eigentlich wollte der ACE (Autoclub Europa e.V.) mit seiner groß angelegten Kampagne „Schulweg-Doktor“ baulichen und verkehrssicherheitstechnischen Mängeln auf Schulwegen auf die Spur kommen.
Davon gibt es auch reichlich, aber: „Oft bilden Taxi Mama und Taxi Papa die größte Gefährdung“, fasst Christoph Birnstein, ACE-Regionalbeauftragter NRW, die Ergebnisse der Untersuchung von bundesweit 300 Schulwegen zusammen.
Im Klartext: Viele Mütter und Väter, die ihre lieben Kleinen mit dem Auto zur Schule bringen, verhalten sich ausgesprochen rücksichtslos. „Ja“, bestätigt Wilfried Oberschachtsiek, Vorsitzender im ACE-Kreis Castrop-Rauxel, „das beobachten wir vor Ort auch regelmäßig.“ Geschwindigkeitsbeschränkungen und Halteverbotsschilder werden ignoriert, Bürgersteige zugestellt, da wird in zweiter Reihe oder an Bushaltestellen angehalten, um Sohn oder Tochter „mal eben aussteigen zu lassen“…
Gegen das morgendliche Chaos vor Schulen helfen die besten Verkehrssicherungsmaßnahmen nichts. „Es ist erschreckend und ärgerlich zugleich, dass so viele Eltern in ihrer Rolle als Vorbild offenbar versagen“, beklagt Christoph Birnstein. „Man müsste an den Schulen Schilder aufstellen: Kinder passt auf, hier fahren Eure Eltern.“
Zum Glück gehen die nicht selten riskanten Manöver vor den Schultoren meist glimpflich aus. Auch insgesamt ist die Zahl der Schulwegunfälle kreisweit rückläufig, auch in Castrop-Rauxel. Hier verunglückten 2008 sechs Kinder auf ihrem Weg zur Schule, drei waren es im vergangenen Jahr. Michael Franz, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Recklinghausen, führt das auch auf die intensiven Aufklärungskampagnen seiner Behörde zurück: „Die Verkehrssicherheitsberater gehen in die Schulen und versuchen, Kinder, Lehrer und auch Eltern für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren.“
Auch die Schulwegsicherungsmaßnahme der Stadt tragen zu rückläufigen Schulwegunfällen bei. Tempobeschränkungen, Querungshilfen, Fußgängerampeln und Co. werden nach dem Schulwegsicherungsplan in Castrop-Rauxel nach und nach installiert. „Da hat sich in den letzten Jahren einiges getan“, findet Wilfried Oberschachtsiek. Sein Kreisverband hat im Rahmen der ACE-Kampagne in Castrop-Rauxel die Situation an der Waldschule in Augenschein genommen und der Stadtverwaltung ein paar Hinweise gegeben: Am Schulausgang zur Ahornstraße beispielsweise könnte ein Geländer verhindern, dass Kinder bei Schulschluss unkontrolliert und im Pulk auf die Straße laufen. Auf der Viktorstraße, meint der ACE, sollte in Höhe der Einmündung Eichenweg ein Fußgängerüberweg angebracht werden, und die verkehrsberuhigte Zone auf der Ahornstraße, die bisher erst an der Einmündung Birkenstraße beginnt, sollte auf den Bereich vor der Schule ausgedehnt werden.
Was aber tun gegen das massenweise Fehlverhalten vieler Mütter und Väter? Für den Automobilclub ist wichtig, dass die Eltern sich der Gefahren bewusst werden. „Schulwegsicherung darf nicht nur bei der Einschulung ein Thema sein“, findet Christoph Birnstein. Auch Elterngremien sollten sich dieses Themas annehmen. „In nur 18 Prozent der untersuchten Schulen gibt es überhaupt Schulweg-Verantwortliche in Elterngremien.“
Die Polizei, so Michael Franz, kontrolliere regelmäßig an Schulen. In erster Linie die Geschwindigkeit, aber sie mache auch auf anderes Fehlverhalten aufmerksam. Dabei stießen die Beamten häufig auf Unverständnis: „Oft hören wir die selben Ausreden wie etwa Zeitnot oder ein zweites Kind, das zu Hause wartet.“
Wenn alle Ermahnungen nicht fruchten, greift die Polizei durch: Dann sind Verwarnungsgelder oder gar Bußgeldanzeigen fällig.