Walbeck. Stephan Kisters ist Spargelbauer in der dritten Generation. Er hält die Tradition in Walbeck am Niederrhein hoch, ist aber auch offen für Neues.
Der Strohhut sitzt, jetzt nur noch schnell in die Holzschuhe schlüpfen. Wieso? Na, die sind halt bequem. Und das Markenzeichen von Landwirt Stephan Kisters. Klappernden Schrittes geht es also über das Gelände des Spargelhofes Kisters in Walbeck, dem „Spargelmekka des Niederrheins“. Den Familienbetrieb führt der 55-Jährige bereits in dritter Generation, sein Opa hat die Spargelbaugenossenschaft im Jahr 1929 mitgegründet. Damals, als der Spargelanbau noch in den Kinder- oder zumindest Holzschuhen steckte.
„Die Ortschaft hier war früher ein altes Schmugglerdorf an der Grenze“, erzählt Kisters. „Arme Teufel waren das.“ Die Sandböden eigneten sich kaum für ordentliche Landwirtschaft, stattdessen versuchten die Walbecker ihr Geld mit Schnaps, Holzschuhen und eben geschmuggelten Waren zu verdienen. Nach dem ersten Weltkrieg dann der Umschwung. Major Klein-Walbeck kam ins Örtchen und merkte schnell, dass er hier mit herkömmlicher Landwirtschaft pleite gehen würden. „Er erinnerte sich dann an den Spargel, den er an der Front in Belgien kennengelernt hat“, so der Landwirt.
Hofläden aktuell besonders beliebt
Die anderen Bauern waren naturgemäß erst einmal skeptisch. Wat de Buer nich kennt, dat frett he nich. Kennt man ja. Doch das neuartige Gemüse wuchs tatsächlich gut in den Sandböden. Das war ein „Knaller“, wie Kisters festhält. Nur wenige Jahre später gründete der Major schließlich die Spargelbaugenossenschaft. „Dafür sind wir ihm noch heute zu hohem Dank verpflichtet“, betont der 55-Jährige. Erst so konnten die Bauern ihren Spargel vermarkten, aus den kleinen Schmugglerkneipen wurden große Gastronomien. Heute ist es vor allem eine Schutzgemeinschaft, die sich unter anderem für die Pflege des Brauchtums einsetzt.
So hat die Spargelbaugenossenschaft vor 20 Jahren wieder die Tradition der Spargelprinzessin aufleben lassen. Immer am ersten Sonntag im Mai zeigt sich die neu gekürte Prinzessin beim großen Spargelumzug. Nur Corona verdirbt die Stimmung, das Fest musste im vergangenen Jahr ebenso abgesagt werden wie in diesem. Und doch bekommen die Walbecker in diesen Zeiten viel Zuspruch, Hof- und Bauernläden sind gefragt wie nie. „Wir dürfen nicht klagen“, sagt Kisters. Und damit seine Kunden sich jeden Tag über frischen Spargel in bester Qualität freuen können, macht er regelmäßige Kontrollgänge über seine Felder.
Umgestellt auf Bio-Anbau
Seine Saisonarbeiter kennt Kisters alle beim Namen, das ist ihm wichtig. Hier arbeiten schließlich Menschen, keine Nummern. „Hallo Pedro“, ruft er und läuft im erdigen Graben zu der sogenannten Spargelspinne. Eine solche Maschine hat direkt zwei Vorteile, wie Pedro zeigt. Zum einen deckt sie automatisch die Folie auf, damit er nur noch den sich darunter befindenden Spargel abschneiden muss. Zum anderen steht auf ihr eine Kiste, in die er direkt das Geerntete legen kann. „Denn das wirklich Mühsame ist ja das Mitschleppen der Kiste“, weiß der Landwirt.
Pedro ist heute für die Ernte des grünen Spargels zuständig. „Der ist noch etwas herzhafter als der weiße“, erklärt Kisters. Erstmals in diesem Jahr gibt es bei ihm außerdem Trikolore-Spargel, der in Grün, Violett und Weiß daherkommt. Denn auch wenn er die Tradition hochhält, so möchte er gleichzeitig immer offen sein für Neues. Für neue Sorten, aber auch für neue Innovationen beim Anbau selbst. Seit diesem Jahr hat die Familie beispielsweise komplett auf Bio-Anbau umgestellt. Deshalb darf neben dem Spargel auch mal etwas Unkraut wachsen. „Es geht nicht um die Masse“, betont er. „Sondern um die Qualität.“
Spargel mit Butter, Kochschinken und Kartoffeln
Kisters selbst hat übrigens nach 55 Jahren immer noch nicht genug von Spargel, der bei ihm in der Saison jeden Tag auf den Tisch kommt. Weil das durchaus „moderne Produkt“ so wandelbar ist. Grüner oder Trikolore-Spargel lässt sich zum Beispiel gut in Öl braten. „Davor die Pfanne mit etwas Puderzucker bestäuben, dann karamellisiert das Ganze“, gibt er als Tipp mit. Am liebsten aber mag er’s klassisch. Ne, nicht mit Sauce Hollandaise. „Ich will ja Spargel essen, nicht Sauce.“ An sein Lieblingsgemüse kommen nur zerlassene Butter, Kochschinken und Kartöffelchen. Na dann, guten Appetit!
>>> Tipps vom Spargel-Experten
„Man erkennt frischen Spargel, wenn er mit Ihnen spricht“, erklärt Stephan Kisters. Dazu die Stangen aneinanderreiben. Knirschen sie, sind sie frisch geerntet.
Wer den Spargel nicht direkt zubereitet, sollte ihn in ein feuchtes Tuch einwickeln und ins Gemüsefach des Kühlschranks legen. So lässt sich das Gemüse bis zu sieben Tage aufbewahren.
Vor dem Zubereiten den Spargel schließlich noch einmal kurz unter kaltes Leitungswasser halten. Und dann heißt es schälen, aber großzügig. „Geizige Menschen können kein Spargel essen.“