Essen./Düsseldorf. Eine blutige Attacke in der Düsseldorfer Altstadt wird vor der Essener Jugendkammer verhandelt. Angeklagt ist versuchter Totschlag.
Die Essener Justiz arbeitet seit Montag eine blutige Messerattacke in der Düsseldorfer Altstadt auf. In nichtöffentlicher Sitzung verhandelt die XXV. Jugendstrafkammer gegen einen 17-jährigen Essener, der am 23. Oktober 2021 in der Altstadt mit einer Mini-Machete auf einen gleichaltrigen Dortmunder eingestochen haben soll. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag.
Oft hatte in der Vergangenheit die als längste Theke der Welt beliebte Altstadt Schlagzeilen wegen blutiger Auseinandersetzungen gemacht. Nur eine Woche vor der jetzt angeklagten Tat war ein 19 Jahre alter Bottroper in der Altstadt niedergestochen und tödlich verletzt worden. Die Attacken führten dazu, dass die Polizei die Altstadt im Dezember zur Waffenverbotszone erklärte.
Verhandelt wird am Wohnort des Angeklagten
Der Strafprozess findet in Essen statt, weil gegen Jugendliche am Gericht ihres Wohnortes verhandelt wird und nicht wie sonst üblich an dem des Tatortes. Die Öffentlichkeit muss draußen bleiben, weil der Angeklagte unter 18 Jahre alt ist.
Der 17-Jährige soll zu einer Gruppe Jugendlicher gehört haben, die überwiegend in Essen wohnen und in der Altstadt Kinder und Jugendliche bestohlen haben sollen. Laut Anklage soll sie am späten Nachmittag des 23. Oktober einem 13-Jährigen die Nike-Jacke geraubt haben.
Streit zwischen Essener und Dortmunder Jugendlichen
Das soll die Gruppe des späteren Opfers, hauptsächlich in Dortmund lebende Jugendliche, zum Anlass genommen haben, die Essener Jugendlichen zu bestrafen. Es kam zu einem kurzen Schlagabtausch, Waffen setzte keine der Gruppen ein.
Die Essener ließen das nicht auf sich sitzen. Sie sollen Freunde herbeigerufen haben und auf die Dortmunder losgegangen sein. Zunächst hätten sie drohend ihre Pullover hochgeschoben und ihre im Hosenbund verborgene Bewaffnung gezeigt: Macheten,Totschläger, mit Scherben gefüllte Flaschen.
Dreimal in die Hüfte gestochen
Beide Gruppen gingen aufeinander los, die Essener nutzten ihre Überzahl aus. In diesem Tumult soll der 17-Jährige eine Mini-Machete gezogen und auf die Hüfte des gleichaltrigen Dortmunders dreimal eingestochen haben. "Ich werde dich jetzt töten", soll der Angreifer angekündigt haben. Das Opfer brach zusammen, verspürte nach eigenen Worten Todesangst. Während der Stiche hatte ihn ein anderer Jugendlicher im Schwitzkasten fixiert.
Als Gäste der benachbarten Altstadt-Lokale in der Hunsrückenstraße auf die Straße liefen und nach der Polizei riefen, sollen beide Gruppen geflüchtet sein. Das Opfer lag auf dem Boden. Zu seinem Glück befanden sich zwei Ärztinnen unter den Altstadt-Besuchern. Sie leisteten sofort erste Hilfe, drückten die stark blutende Verletzung ab und retteten ihm so das Leben.
Bein immer noch gelähmt
An den Folgen der Stiche leidet der 17-jährige Dortmunder noch heute. Ein Bein soll gelähmt sein, auch psychisch hat er die Attacke nicht verarbeitet. Am Montag kam er nicht zur Zeugenaussage vor Gericht. Sein Vater sagte in Essen, sein Sohn könne das Bein wieder bewegen.
Die Ermittlungen der Düsseldorfer Mordkommission hatten viel Zeit beansprucht, weil zunächst der Verdacht auf andere gelenkt worden war. Beide Gruppen bestehen aus Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Zu der des Angeklagten, der kongolesischer Staatsangehöriger ist, gehören Afrikaner. Die Gruppe des Opfers soll türkische Wurzeln haben.
Vor Gericht Geständnis abgelegt
Am Montag legte der Angeklagte, der seit Februar in Untersuchungshaft sitzt, vor der XXV. Strafkammer ein Geständnis ab. Er bestritt aber jede Tötungsabsicht. Vielmehr habe er den Dortmunder mit den Stichen nur daran hindern wollen, ihm nachzulaufen. Die Kammer hat insgesamt vier Verhandlungstage angesetzt, um den Hintergrund der Attacke aufzuklären.